Coronavirus: So könnte Waadtländer Quarantäne-Regel funktionieren
Der Kanton Waadt hat seine Quarantäne-Regel zum Coronavirus gelockert. Ein Taskforce-Mitglied erklärt, was es für eine erfolgreiche Umsetzung braucht.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Waadt lockert seine Quarantäne-Regeln.
- Epidemiologe Marcel Tanner hält die Strategie für anspruchsvoll, aber wirksam.
- Die Lockerung steht für Tanner nicht im Widerspruch zu den neusten Verschärfungen.
Der Kanton Waadt hat aktuell so viele Neuinfektionen mit dem Coronavirus wie kein anderer Kanton. Darum verschärfte die Regierung die Eindämmungs-Massnahmen diese Woche deutlich. Trotzdem lockert die Waadt nun die Quarantäne-Regeln: Nur wer mit einer positiv getesteten Person im gleichen Haushalt lebt oder eine intime Beziehung führt, muss in Quarantäne.
Bei allen anderen Kontakten entscheiden die Contact-Tracer je nach Situation, ob eine Quarantäne angemessen ist. Hier kommt es darauf an, wie eng der Kontakt war und wie lange er dauerte.
Marcel Tanner, Epidemiologe und Mitglied der Taskforce des Bundes, hält diese Änderung für anspruchsvoll. «Das ist sicher eine Strategie, die wirkt und viel Verständnis und Disziplin erfordert», sagt Tanner. Gute Kommunikation schaffe, dass die Leute gut über die geltenden Massnahmen in Bild sind und sich so daran halten.
Regel bereits im Gesundheitssystem erprobt
Neu erfunden hat der Kanton das Rad mit dieser Quarantäne-Regel nicht: In Basel galt für das Gesundheitspersonal bereits während dem Lockdown eine Quarantäne-Regel nach diesem Prinzip. Die Strategie war nötig, um das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten. Das habe funktioniert, und es fanden keine Übertragungen statt, resümiert Tanner.

«Wenn man es nun pragmatisch aber verantwortungsbewusst angeht wie in der Waadt, sind die grossen Herausforderungen: Kommunikation, Disziplin, und dass die Menschen es richtig machen.» Wer Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatte und nicht in Quarantäne muss, muss sich umso strikter an die Abstands- und Hygieneregeln halten.
Die Waadtländer Strategie trägt dem Umstand Rechnung, dass die meisten Ansteckungen im eigenen Haushalt passieren. Weiter stosse das Contact Tracing an seine Grenzen, heisst es aus der Waadt. Man könne gar nicht alle Fälle nachverfolgen.

Der Vorteil der neuen Regelung ist, dass mehr Menschen weiterhin arbeiten können. Laut RTS sind im ganzen Kanton Waadt zurzeit 2000 Menschen wegen des Coronavirus in Quarantäne. Das hat Einfluss auf die Wirtschaft. Es sind also «pragmatische Gründe in der gegebenen Risikosituation», wie Marcel Tanner es ausdrückt, die für diese Regelung sprechen.
Kein Widerspruch zu Verschärfungen gegen Coronavirus
Erst am Mittwoch hat der Kanton Waadt die Massnahmen gegen das Coronavirus verschärft. Dazu gehört, dass Nachtklubs geschlossen werden und private Anlässe und Demonstrationen auf 100 Personen begrenzt werden. In öffentlichen Räumen gilt neu eine generelle Maskenpflicht. Wie passt also die Quarantäne-Lockerung in dieses Regime?

Es sei falsch, die Quarantäne-Lockerung als Widerspruch zu den neuen Verschärfungen zu sehen, sagt Tanner. «Verschärfungen auf der einen Ebene ermöglichen auch, dass man andere Situationen optimieren kann.» Die verschiedenen Massnahmen würden entsprechend gegeneinander abgewogen und können sich ergänzen.