Coronavirus: Uni Basel stellt Generikum für umstrittenes Medi her
Potenzielle Coronavirus Medikamente sind derzeit heiss begehrt. Pharmazeuten der Uni Basel reagieren auf die Engpässe und stellen die Tabletten nun selbst her.
Das Wichtigste in Kürze
- Forscher der Universität Basel haben ein Generikum eines Corona-Medikaments hergestellt.
- Das Medikament mit dem Wirkstoff Hydroxychloroquin wird wegen der hohen Nachfrage knapp.
- Binnen zehn Tagen gelang den Wissenschaftlern, wofür Pharmaunternehmen Monate brauchen.
Das Malaria- und Rheumamedikament Hydroxychloroquin ist derzeit heiss begehrt. Vor einiger Zeit machten Wissenschaftler und die Weltgesundheitsorganisation WHO das Medikament als potenziellen Kandidaten für die Behandlung des Coronavirus aus. Seither ist das Medikament kaum noch erhältlich.
Pharmazeuten der Universität Basel zeigen sich besorgt. «Angesichts des positiven Effekts, den man sich bei der Behandlung von Covid-19 erhofft, ist der internationale Markt ausgetrocknet.» Wie die Universität Basel heute Donnerstag mitteilte, haben Pharmazeuten daher binnen kürzester Zeit ein Generikum hergestellt.
Neues Generikum in zehn Tagen
«Mein Team hat innerhalb von zehn Tagen quasi ein Generikum produziert», erklärt Jörg Huwyler, Professor für pharmazeutische Technologie. Sein Forscherteam konnte «in letzter Minute» 50 Kilogramm des begehrten Wirkstoffs erwerben.
In einer ersten Charge wurden jetzt 4000 Tabletten produziert, damit können bis zu 400 Patienten behandelt werden. Das soll erst der Anfang gewesen sein: Der Wirkstoff reicht für insgesamt 200'000 Tabletten. Die Herstellungsprotokolle sollen nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Hydroxychloroquin als Mittel gegen Coronavirus umstritten
Zuletzt machte Hydroxychloroquin hauptsächlich negative Schlagzeilen. In einigen Studien zeigte sich, dass die Nebenwirkungen schwerer sind als der heilende Effekt. Hydroxychloroquin kann in hohen Dosierungen Herzrhythmusstörungen hervorrufen. In einer Krankenhaus-Studie in Brasilien starben gar mehr behandelte Personen, als Personen aus der Blindgruppe, welche kein Medikament erhielten.
Die Hinweise, dass das Medikament nicht für die Behandlung des Coronavirus geeignet ist, verdichten sich. Dennoch ist die Nachfrage rasant angestiegen. Die US-Regierung bestellte 29 Millionen Dosen. Zuvor hatte Donald Trump Hydroxychloroquin als «Geschenk Gottes» bezeichnet, Indien stoppte aufgrund der hohen Nachfrage den Export.
HYDROXYCHLOROQUINE & AZITHROMYCIN, taken together, have a real chance to be one of the biggest game changers in the history of medicine. The FDA has moved mountains - Thank You! Hopefully they will BOTH (H works better with A, International Journal of Antimicrobial Agents).....
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) March 21, 2020
Warum hält die Uni Basel trotzdem daran fest?
«Dem Engpass entgegenwirken»
Ob eine COVID-19-Behandlung mit Hydroxychloroquin sinnvoll ist, könne er nicht beurteilen, sagt Jörg Huwyler auf Anfrage. «Ehe ein Urteil über den Behandlungserfolg gefällt werden kann, braucht es weitere klinische Studien und eine gute Datenbasis.» Der Engpass ist jedoch für Patienten mit vorbestehenden Krankheiten, die auf das Medikament angewiesen sind, ein grosses Problem.
«Die Schweizer Behörden konnten noch einen Vorrat erwerben, aber dieser kann die Engpässe nur kurzfristig überbrücken.» Das Medikament wurde in der Schweiz bisher nur einer kleinen Gruppe von Autoimmun- und Rheumapatienten verabreicht. Der Bedarf ist durch das Coronavirus nun auf ein Vielfaches angewachsen.
Während die COVID-19-Behandlung noch in der experimentellen Phase ist, könnten Patienten in Entwicklungsländern schon bald unter dem Engpass leiden. Dies, weil das Medikament dort für die Behandlung von Malaria eingesetzt wird. Die Schweiz befinde sich in einer privilegierten Lage, andernorts könnten Engpässe jedoch dramatische Folgen haben.
Generikum noch ohne Zulassung
«Wir konnten zeigen, dass die Tabletten auf unseren kleinen Anlagen innerhalb kürzester Zeit produziert werden können.» Grosse Pharmaunternehmen brauchen lange Vorlaufzeiten, ehe die industrielle Produktion anläuft. Huwyler und sein Team können deshalb einen Beitrag leisten, die Knappheit zu überbrücken, bis die Pharmaunternehmen die Produktion aufnehmen.
Bis jetzt sind die Tabletten von Huwylers Team noch nicht zugelassen. «Angesichts der aktuellen Lage könnte die Kantonsapothekerin unser Medikament im Schnellverfahren für die Nutzung in gewissen Institutionen zulassen.» Man prüfe derzeit die Möglichkeiten.
«Der Wirkstoff existiert seit den 1950er Jahren, es gibt eine gute Datengrundlage für eine Express-Zulassung.» Nun liege der Ball bei den Behörden.