Daniel Koch: Auch diese Promis standen unter Polizeischutz
Das Wichtigste in Kürze
- Tätliche Angriffe auf Bundesräte und Ex-Bundesräte sind eher selten.
- Das Fedpol analysiert die Bedrohungslage laufend.
- Immer wieder müssen Beamte oder Politiker unter Polizeischutz gestellt werden.
Christoph Blocher war während seiner Amtszeit einer der bestgeschützten Bundesräte. Er stand praktisch ständig unter Polizeischutz. Dieser ging wegen einer erhöhten Bedrohung auch in den ersten drei Monaten nach seinem Ausscheiden aus der Regierung 2007 weiter.
Auch danach kam es zu Vorfällen: 2016 konnten private Sicherheitsleute in Zürich einen Angreifer überwältigen, der Blocher mit einem Messer attackieren wollte. Der SVP-Übervater hatte zuvor an einer Podiumsdiskussion über die EU teilgenommen. Vier Jahre vorher wurde Blocher nach einer Fernsehsendung mit einer Torte attackiert.
Tätliche Angriffe auf amtierende oder ehemalige Bundesräte sind aber eher selten. 2012 kam es ebenfalls zu einer Tortenattacke auf Micheline Calmy-Rey. 2009 warfen wütende Bauern Gummistiefel auf Doris Leuthard.
Moritz Leuenberger musste 20016 eine 1.-Mai-Rede in Zürich aus Sicherheitsgründen abbrechen, weil linke Chaoten den Auftritt massiv störten. 1984 detonierte eine Bombe beim Haus des damaligen Bundesrats Rudolf Friedrich.
Widmer-Schlumpf und Keller-Sutter
Für Schweizer Verhältnisse enorm war das Sicherheitsdispositiv für Blochers Nachfolgerin im Bundesrat, Eveline Widmer-Schlumpf. Nach ihrer Wahl 2007 wurde die BDP-Politikerin rund um die Uhr von der Polizei beschützt.
Sie erhielt massive Drohungen per Mail, SMS und per Post. Unbekannte versprayten auch ihr Haus in Felsberg GR.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter stand als Präsidentin der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) im Visier der Fussball-Hooligans. Neben massiven Drohungen im Internet hatte sie auch Pyros im Briefkasten.
In St. Gallen gab es Sprayereien gegen die damalige Regierungsrätin. Fussball- und Hockeyspiele besuchte Keller-Sutter damals nicht mehr, weil sie im Stadion Polizeischutz gebraucht hätte.
Grundsätzlich auf Personenschutz verzichtet Bundesrat Ueli Maurer. Obwohl auch er schon ins Visier von Unbekannten geriet: In der Nacht von Blochers Abwahl aus dem Bundesrat präparierten Unbekannte den Autopneu des damaligen SVP-Präsident mit einem zehn Zentimeter langen Nagel.
Fedpol analysiert ständig
Zuständig für den Schutz der Bundesräte sind die kantonalen Polizeikorps. Die Aufträge erhalten sie vom Bundessicherheitsdienst im Bundesamt für Polizei (Fedpol), der die Bedrohungslage für die Magistraten laufend analysiert.
Auch Bundesparlamentarier, Bundesrichter und besonders gefährdete Bundesbeamte können Schutz erhalten. Über Einzelheiten gibt das Fedpol keine Auskunft. Für Risikoauftritte erhalten Bundesräte Personenschutz.
Neben Politikern sind vermehrt auch Personen aus anderen Bereichen betroffen, die sich öffentlich exponieren. Dazu gehören auch Anwälte und Richter.
Hoher Preis für Del Ponte
Einen hohen Preis für ihren Feldzug für Gerechtigkeit zahlte die frühere Mafia-Jägerin Carla Del Ponte. Die Ex-Bundesanwältin und Uno-Chefanklägerin konnte 25 Jahre lang kein normales Leben führen.
Del Ponte musste als Mafia-Jägerin zusammen mit dem sizilianischen Untersuchungsrichter Giovanni Falcone unter Polizeischutz gestellt werden. Falcone wurde 1992 durch eine Bombe getötet. Das Haus von Del Ponte erhielt Panzerglas.
Morddrohungen gegen Rupperswil-Verteidigerin
Auch Renate Senn, die Pflichtverteidigerin des Vierfachmörders von Rupperswil, stand 2018 während des Prozess und in den Wochen danach unter Polizeischutz. Sie erhielt anonyme Todesdrohungen per Mail und per Post an ihre Kanzlei sowie an ihre Privatadresse.
Die Aargauer Anwältin war in einen Shitstorm geraten, nachdem sie Aspekte der Tat relativiert hatte. Kommentarschreiber wünschten ihr, sie solle dasselbe erleben wie die Opfer des Vierfachmordes.
Meldungen im Durchschnitt
«Die registrierten Drohungsmeldungen sind beim Fedpol in den letzten Jahren im Durchschnitt geblieben», sagt Fedpol-Sprecherin Katrin Schmitter. «Die Drohungen steigen jeweils an, wenn spezielle Themen in die Öffentlichkeit rücken. Dazu gehören etwa Wahljahre oder die Flüchtlingspolitik.»
Das Fedpol führt seit 2001 auch eine «Querulanten»-Liste. Damals lief Friedrich Leibacher im Zuger Parlamentsgebäude Amok und erschoss 14 Menschen.