Die letzten zehn Jahre der Credit Suisse im Zeitraffer
Vor fast zwei Jahren übernahm die UBS die Credit Suisse, was das Aus für die Bank nach einer turbulenten Geschichte bedeutete.
Vor fast zwei Jahren hat die UBS die Grossbank Credit Suisse übernommen. Nach einer bewegten Vergangenheit bedeutete dies das Aus für das Institut. Eine Chronologie bedeutender Ereignisse vor und nach der erzwungenen Fusion:
- 2015: Konzernchef Brady Dougan tritt nach acht Jahren als CEO und 25 Jahren insgesamt bei der Credit Suisse (CS) zurück. Neuer Chef wird Tidjane Thiam. Er baut die Bank um und führt zwei milliardenschwere Kapitalerhöhungen durch. Im Gesamtjahr 2015 schreibt die CS wegen hoher Wertberichtigungen einen Reinverlust von 2,9 Milliarden Franken.
- 7. Februar 2020: Konzernchef Tidjane Thiam tritt wegen der Beschattung von mehreren Topmanagern durch die Bank zurück. Nachfolger als CEO wird der damalige CS-Schweiz-Chef Thomas Gottstein.
- 5. März 2021: Die CS gibt bekannt, vier «Lieferketten-Finanzierungsfonds» aufzulösen. Bei diesen hatte sie mit dem australischen Financier Lex Greensill zusammengearbeitet, der Insolvenz anmeldete. Die Fonds wiesen zu diesem Zeitpunkt ein Investorenvermögen von rund 10 Milliarden US-Dollar auf. Davon wurden zunächst 3,1 Milliarden an die Investoren zurückgezahlt.
- 29. März 2021: Der US-Hedgefonds Archegos bricht zusammen und kann seinen Verpflichtungen gegenüber der CS und weiteren Banken nicht mehr nachkommen. Das Ergebnis der CS wird mit insgesamt 5 Milliarden Franken belastet.
- 30. April 2021: Der langjährige CS-Präsident Urs Rohner tritt ab. Die CS-Aktionäre wählen den portugiesischen Bankmanager António Horta-Osório zum neuen Verwaltungsratspräsidenten der Grossbank.
- 17. Januar 2022: Horta-Osório gibt seinen Rücktritt als CS-Verwaltungsratspräsident bekannt. Zuvor waren zwei Verstösse von Horta-Osório gegen Corona-Quarantäne-Auflagen in der Schweiz und in Grossbritannien bekannt geworden. An seiner Stelle übernimmt der ehemalige UBS-Banker Axel Lehmann das VR-Präsidium.
- 10. Februar 2022: Die Bank nimmt für das vierte Quartal 2021 eine milliardenschwere Wertberichtigung für eine vor mehr als zwanzig Jahren gekaufte US-Investmentbank vor. Für das Gesamtjahr 2021 resultiert ein Verlust von 1,6 Milliarden Franken.
- 27. Juli 2022: CEO Thomas Gottstein tritt mit der Bekanntgabe eines weiteren Milliardenverlusts für das zweite Quartal zurück. Zum neuen Konzernchef wird Ulrich Körner ernannt, der zuvor die Asset-Management-Division geleitet hat.
- 27. Oktober 2022: Die Bank kündigt eine Restrukturierung und eine Kapitalerhöhung über 4 Milliarden Franken an. Die verlustträchtige Investment Bank soll verkleinert werden. Als neue Investorin holt die Credit Suisse die Saudi National Bank an Bord.
- 23. November 2022: Die Credit Suisse bestätigt massive Geldabflüsse ihrer Kunden. Gestartet sind diese bereits im Oktober, als Gerüchte in sozialen Medien um eine Schieflage der Bank herumgeboten wurden. Im gesamten vierten Quartal haben Kunden rund 110 Milliarden Franken oder rund 8 Prozent der verwalteten Vermögen von der Bank abgezogen.
- 9. Februar 2023: Die Bank weist für das Geschäftsjahr 2022 einen Verlust in Höhe von 7,3 Milliarden Franken aus, das höchste Minus seit der Finanzkrise. Für 2023 stellt die CS ein weiteres Verlustjahr in Aussicht.
- 6. März 2023: Der langjährige Grossaktionär Harris Associates verkauft sämtliche Anteile an der CS.
- 15. März 2023: Der Präsident des saudischen CS-Grossaktionärs Saudi National Bank, Ammar Al Khudairy, schliesst in einem Interview eine weitere finanzielle Unterstützung der CS aus.
- 16. März 2023: Die Credit Suisse leiht sich bis zu 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Nationalbank. Diese betont gemeinsam mit der Finanzmarktaufsicht Finma, dass die Grossbank die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität erfülle.
- 19. März 2023: Bundesrat, Behörden und Banken geben die Übernahme der CS durch die UBS bekannt. Die Übernahme ist nach intensiven Verhandlungen über ein Wochenende zustande gekommen. Involviert waren neben Vertretern der beiden Banken Bundesräte, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht. Die UBS bezahlt rund 3 Milliarden Franken in UBS-Aktien für die Übernahme der Konkurrentin. Die Nationalbank leistet Liquiditätshilfen von insgesamt 200 Milliarden Franken, und der Bund spricht für die UBS Garantien von 9 Milliarden Franken. Insgesamt geht der Bund bei dem Deal Verpflichtungen von 109 Milliarden Franken ein. Die Finanzdelegation des Parlaments gibt dazu grünes Licht.
- 29. März 2023: Sergio Ermotti wird erneut CEO der UBS.
- 5. April 2023: Der Bundesrat streicht oder kürzt die ausstehenden Boni der drei obersten Führungsebenen der CS. Betroffen sind rund tausend Mitarbeitende. Zudem muss die Bank prüfen, ob bereits ausbezahlte Boni zurückgefordert werden können.
- 11. April 2024: Die ausserordentliche Session der eidgenössischen Räte zur Notübernahme der CS durch die UBS beginnt. Der Nationalrat verweigert die nachträgliche Zustimmung zu den Verpflichtungen des Bundes von 109 Milliarden Franken; der Ständerat heisst sie gut. Unmittelbare Folgen hat das Nein des Parlaments nicht. In den Räten stehen zudem Prüfaufträge an den Bundesrat zur Debatte, namentlich zur Anwendung von Notrecht und zu den «Too big to fail»-Regeln.
- 8. Juni 2023: Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) untersucht nach dem Willen des Parlaments die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS. Präsidiert wird die PUK von der Freiburger Mitte-Ständerätin Isabelle Chassot.
- 12. Juni 2023: Die UBS schliesst die CS-Akquisition formell ab. Das bedeutet das Ende für die 167-jährige Geschichte der Bank. Die CS-Aktie wird letztmals an der Schweizer Börse gehandelt. Der letzte Kurs liegt bei 81,7 Rappen das Stück. 2007, vor der Finanzkrise, war für das Papier im Hoch über 95 Franken bezahlt worden.
- 4. August 2023: Dem Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen liegen 3000 Beschwerden respektive Sammelbeschwerden vor gegen die Wertloserklärung nachrangiger AT1-Anleihen im Wert von rund 16 Milliarden Franken. Angeordnet hatte diese Abschreibung die Finma. Die Besitzer der Anleihen fordern, dass der Bund für ihre Verluste haftet.
- 11. August 2023: Die UBS beendet sämtliche Garantien des Bundes von insgesamt 109 Milliarden Franken, ohne dass der Bund aus den Verpflichtungen Verluste tragen muss. Bund und Nationalbank nehmen aus Garantien, Risikoprämien und Zinsen über 700 Millionen Franken ein. Davon gehen rund 200 Millionen Franken an den Bund.
- 31. August 2023: Das Management entscheidet, das Schweizer Geschäft von UBS und CS zusammenzulegen. Das dürfte zu 3000 Entlassungen führen. Noch bis zuletzt haben viele gehofft, dass die Marke «Credit Suisse» in irgendeiner Form – etwa als eigenständige CS Schweiz – überleben könnte.
- 6. September 2023: Der Bundesrat will den Public Liquidity Backstop (PLB) gesetzlich verankern. Seine Anträge liegen beim Parlament. Bei der Notübernahme der CS hatte der Bundesrat Notrecht angewendet und den PLB per Verordnung in Kraft gesetzt. Er konnte damit Hilfen der Nationalbank absichern.
- 7. November 2023: Die Grossbank UBS vermeldet mit den Ergebnissen im dritten Quartal 2023 eine Stabilisierung im CS-Geschäft und bereits hohe Kosteneinsparungen.
- 4. Februar 2024: Der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer verteidigt in einem Zeitungsinterview seinen Verzicht auf eine Intervention bei der Credit Suisse Ende 2022. Eine Rettung durch den Staat sei wenig realistisch und ein Konkurs der CS unrealistisch gewesen. Er verwies auf das Eigenkapital der Bank.
- 6. Februar 2024: UBS-Chef Sergio Ermotti kündigt die Schliessung zahlreicher Filialen an. Derzeit gibt es in der Schweiz noch rund 190 UBS-Filialen und um die 95 CS-Filialen.
- 17. Februar 2024: Dem Zürcher Handelsgericht liegen über 30 Klagen wegen der finanziellen Konditionen der CS-Übernahme vor. Der Anlegerschutzverein vertritt rund 1500 CS-Kleinaktionärinnen und Kleinaktionäre, Legalpass über 3000 Aktionärinnen und Aktionäre. Sie fordern eine bessere Entschädigung für die an die UBS verkauften CS-Anteile.
- 10. April 2024: Klarere Zuordnung von Verantwortlichkeiten, mehr Kompetenzen für die Finanzmarktaufsicht, krisenfestere Abwicklungspläne: Mit einem 22-Punkte-Plan will der Bundesrat einen zweiten Fall CS verhindern, wie er in seinem Bericht zur Bankenstabilität schreibt. Nicht infrage kommen für ihn generell höhere Eigenmittelanforderungen und ein Boni-Verbot.
- 15. Oktober 2024: Die UBS muss wegen der Übernahme der Credit Suisse ihre Notfallpläne für den Sanierungs- und Liquidationsfall überarbeiten. Die Behörden sollen für einen Krisenfall zusätzliche Optionen erhalten. In der Beurteilung der Sanier- und Liquidierbarkeit der UBS sei es aufgrund der Integration der CS zu Hindernissen gekommen, befand die Finanzmarktaufsicht Finma.
- Ende 2024: Die PUK will die Öffentlichkeit über den Abschluss ihrer Arbeiten informieren, wie sie auf ihrer Webseite schreibt.