Die Polizei darf harte Drogen nicht mehr beschlagnahmen
Nach einem Gerichtsbeschluss dürfen nicht nur Cannabis, sondern auch andere harte Drogen in geringer Menge nicht mehr konfisziert werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Gerichtsurteil belegt Straffreiheit für die Mitführung kleiner Drogenmengen.
- Dies gelte, sofern die Droge für den Eigenbedarf bestimmt sei.
- Der Richterspruch lässt sich auf alle illegalen Drogen übertragen.
Für Gras, Hasch und Cannabis wurde per Gericht ein Urteil gefällt: Mengen für den Eigenbedarf dürfen nicht mehr konfisziert und vernichtet werden. Die Straffreiheit gemäss Betäubungsmittelgesetz gilt jedoch nicht nur für das «grüne Gold». Auch auf alle illegalen Suchtmittel sei das Urteil übertragbar.
Der Richterspruch fiel vorige Woche in einem Cannabis-Fall. Einem Mann war bei einer Kontrolle sein Gras weggenommen worden – laut Bundesgericht widerrechtlich. Mit dem Urteil dürften Polizei und Staatsanwaltschaft jedoch auch «kleine Mengen Heroin oder Kokain oder Crack» nicht mehr konfiszieren. Sofern der Kontrollierte den Stoff als Eigenbedarf angibt, müssten sie ihn ziehen lassen.
Neue Freiheiten für Dealer
Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, bietet das vor allem für Dealer neue Freiheiten. Diese könnten bei kleinen Mengen behaupten, dass es sich um Eigenbedarf handle und die Drogen später verkaufen. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen fordert daher schnellstmöglich «eine national einheitliche Interpretation des Entscheids und gestützt darauf eine einheitliche Praxis.»
In Zürich will die Staatsanwaltschaft mit der Polizei zusammen nach einer Analyse «die Erkenntnisse im Rechtsalltag in die Wege leiten.» Die Schweizerische Staatsanwaltskonferenz hat sich dem Problem bereits angenommen. Unklar ist bisher auch, welche Menge noch als Eigenbedarf gilt. Grundsätzlich seien so viele Gramm gemeint, wie in einer Woche konsumiert werden könnten.
Die genaue Mengenangabe unterscheide sich dabei von Kanton zu Kanton – in Sankt Gallen sind es bei Kokain zwei Gramm. Für Cannabis gilt die allgemeine Richtlinie von zehn Gramm. Kokain ist in der Schweiz zurzeit wieder «in» und findet sich als Rückstand vermehrt im Abwasser. Das leicht erhältliche Pulver belegt auf der Liste der Therapiegründe aufgrund Drogenkonsum den ersten Platz.