Immer weniger Bussen für Cannabiskonsumenten
Obwohl kiffen in der Schweiz illegal ist, sind die Ordnungsbussen im Zusammenhang mit Cannbis um 90 Prozent zurückgegangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zahl der Bussen im Zusammenhang mit Cannabis ist um 90 Prozent gesunken.
- Grund dafür sind Entscheidungen für Lockerungen des Bundesgerichtes.
- Die Rechtslage werde immer paradoxer, sagt ein Experte.
Cannabiskonsum ist in der Schweiz bis heute illegal. Doch die Zahl der Ordnungsbussen fürs kiffen sind seit Jahren rückläufig. So sehr dass das Bundesamt für Statistik die Werte gar nicht mehr publiziert. Grund sei, dass die Aussagekraft nicht mehr gegeben sei.
Während im Jahr 2016 noch 20'000 Konsumierende gebüsst wurden, waren es im Jahr 2021 noch 2500. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zahl der Strafzettel also um 90 Prozent reduziert.
Regeln um Strafverfolgung bei Cannabis immer lockerer
Nur der Kantons Wallis und Zug greifen noch härter durch: Im Jahr 2021 wurden 10 und 22 Bussen pro 10'000 Einwohner verteilt. In der gesamten Schweiz waren es 3 Bussen auf 10'000 Einwohner.
Wenn Konsumierende durch eine Ordnungsbusse der Polizei von einem Richter gebüsst werden, wird das in einer anderen Statistik ausgewiesen. Meistens ist das der Fall, wenn noch andere Delikte angeklagt sind. Auch diese Zahlen sind jedoch rückläufig.
Stephan Schlegel ist Anwalt und Experte für Betäubungsmittelrecht. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» sagt er: Der Grund für den Rückgang sei ein Urteil des Bundesgerichtes aus dem Jahr 2017.
Das sorgte dafür, dass Polizistinnen und Polizisten nur dann Ordnungsbussen erteilen dürfen, wenn jemand während des Kiffens erwischt wird. Die meisten Kantone haben die Weisung befolgt und den Umgang gelockert.
Popularität von CBD kommt Kiffern zu gute
Zuvor konnten Ordnungshüter das Gesetz mit mehr Freiheit auslegen: Beamte verteilten beispielsweise auch dann Bussen, wenn jemand einfach einen Joint drehte.
Das Aufkommen von CBD ist ebenso ein Grund für die wenigen Bussen: Weil illegales Cannabis und legales CBD nicht zu unterscheiden sind, dürften Polizisten des öfteren auf Strafen verzichten.
Schlegel erklärt: Das «Bundesgericht habe in den letzten Jahren mit mehreren Urteilen auf eine weniger strenge Strafverfolgungspraxis bei Cannabiskonsum hingewirkt». 2019 entschied das Lausanner Gericht, dass Jugendliche nicht bestraft werden dürfen, wenn sie nur ein paar Gramm mit sich herumtragen.
Und diese Woche die nächste Lockerung: Wenn Kifferinnen und Kiffern weniger als 10 Gramm mit sich herumtragen, darf es die Polizei ihnen nicht wegnehmen.
Das mache die Rechtslage im Zusammenhang immer widersprüchlicher, sagt Schlegel der Schweizer Zeitung. «Man darf etwas nur dann besitzen, wenn es einem bestimmten Zweck dient. Wenn man es dann aber genau für diesen Zweck einsetzt, gibt es eine Busse.»
Und: Trotz der lockeren Strafverfolgung beim Konsum bleibt die Härte beim Anbau. Eine einzige Hanfpflanze zu besitzen, kann immer noch zu einer Strafe führen.