Diese Firmen profitieren vom Geschäft mit dem Krieg
Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweizer Rüstungsexport in Kriegsgebiete boomt.
- Auch kleine Unternehmen profitieren vom Geschäft mit dem Krieg.
- Nach einem langen Rechtsstreit wird nun eine Liste mit den entsprechenden Namen publik.
Handgranaten der Ruag in Syrien oder Raketenwerfer aus Zürich in Jemen – der Schweizer Waffenexport boomt. Profiteure im Geschäft mit dem Krieg sind aber nicht nur die grossen Player, auch kleine Unternehmen spielen ganz oben mit. Bedenken der Gegner und Argumente der Befürworter halten sich seit Jahren die Stange.
Bisher wurden jährlich Statistiken zur Art der exportierten Rüstungsgüter sowie deren Zielländer veröffentlicht. Die Namen der Firmen hielt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) aber stets unter Verschluss. Nach einem fünfjährigen Rechtsstreit mit dem Seco ist es der «WOZ» gelungen, die Namen der Rüstungsproduzenten ausfindig zu machen.
Die Thuner spielen ganz oben mit
Der Rechtsstreit ging so weit, dass schliesslich das Bundesgericht ein Urteil fällen musste. Auf der publizierten Liste sind rund 150 Firmen aufgeführt, die vom Geschäft mit dem Krieg profitieren. Zu sehen ist auch deren Exportsumme, die jährlich bewilligt wurde. Auch die Kategorien der Rüstungsexporte wie Munition, Handfeuerwaffen und mehr sind ersichtlich.
Generell lässt sich der Schweizer Rüstungsmarkt in drei Typen unterteilen: Es gibt die Rüstungskonzerne, die Zulieferer und dann sind da noch die Waffenhändler. Das wohl gefragteste Exportgut ist die Munition. Die grösste Produktionsstätte dafür befindet sich im Berner Oberland, genauer in Thun.
Bereits im Jahr 1586 entstand dort ausserhalb der Stadtmauern eine Pulvermühle. Im 19. Jahrhundert folgte dann die eidgenössische Munitionsfabrik und später die Ruag Ammotec.
Dort wird heute Kleinkalibermunition für Europa produziert. Vertretungen davon befinden sich in Deutschland, Grossbritannien, Ungarn und auch in den Vereinigten Staaten.
Eine weitere Lizenz für den Bau einer Munitionsfabrik in Brasilien hat die Ruag Ammotec bereits im Sack. Aus Furcht vor einem Reputationsschaden hat der Bund diese bisher noch nicht bewilligt, wie die «WOZ» schreibt. Die Ammotec liegt bisher in den Händen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dies dürfte sich aber bald schon ändern. Der Käufer soll gemäss Bundesrat aus einem «westlichen Land» stammen und die Munition weiter in Thun produzieren lassen.
Waffenhandel ist längst ein globalisiertes Geschäft
Neben Thun schwingt auch die RWM Schweiz, mit Standorten in Zürich und Altdorf UR, ganz oben im Munitionsgeschäft mit. An den beiden Standorten wird mittelkalibrige Munition verkauft. Platz drei belegt die RWM Zaugg, diesmal mit Standort in Lohn Ammannsegg SO, welche Zünder produziert. Beide RWM Niederlassungen gehören zum Deutschen Konzern der Rheinmetall.
Nur eine Firma legt ihre Exporte offen dar: die norwegische Nammo-Gruppe mit Sitz im Wallis. Die produzierte Munitionssicherung wird für den Raketenwerfer M27 hergestellt und in den Irak sowie Afghanistan exportiert.
Für den grössten Teil der Schweizer Rüstungsexporte ist die Rheinmetall verantwortlich. 2017 hatte die Firma rund 80 Prozent der Exportbewilligungen erhalten. Der US-Konzern General Dynamics kaufte Anfang der 2000er Jahre einige europäische Militärfahrzeugproduzenten zusammen, darunter auch die Mowag im Kanton Thurgau.
Diese beiden Beispiele zeigen, dass es sich beim Waffenhandel um ein längt globalisiertes Geschäft handelt. Nichtig zeigt sich somit auch das Argument der rechtsbürgerlichen Parteien: die KMUs seien das Rückgrat der Schweizer Rüstungsindustrie.
Waffenexport erreicht 2020 einen Spitzenwert
Die Schweiz lag als Waffenexporteur in den Jahren 2015 bis 2019 weltweit auf Rang 13. Dies zeigt eine Zusammenstellung des Stockholmer International Peace Research Instituts. Der Anteil am weltweiten Rüstungsmarkt der Schweiz liegt bei 0,9 Prozent. Noch vor der Schweiz liegen die USA, Russland, Frankreich, Deutschland und China, sie alle führen die Liste der Rüstungsexporteure an.
Laut Seco stieg die Summe der Waffenexporte 2019 stark an. Erreicht wurde ein Gesamtwert von 728 Millionen Franken, der höchste Wert in den vergangenen zehn Jahren. Auch im ersten Semester 2020 explodierte die Zahl der Waffenexporte.
Gesamthaft wurde Kriegsmaterial im Wert von 501 Millionen Franken exportiert. Dies entspricht einer Verdoppelung des Wertes im Vergleich zur Vorjahresperiode.
Der Export von Kriegsmaterial ist gesetzlich nur erlaubt, wenn er dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und der Schweizerischen Aussenpolitik entspricht. Und doch landen die Rüstungsgüter der Schweiz über den globalisierten Handel letztlich immer wieder bei den grössten Konfliktherden dieser Welt.