Entwicklungshilfe

Entwicklungshilfe: «Plötzlicher US-Rückzug wird viele Leben kosten»

Durch Trumps Entscheidung fehlen Millionen für Entwicklungsprojekte. Experten warnen vor einem Glaubwürdigkeitsverlust des Westens. Profitieren könnte China.

Entwicklungshilfe
Nach Trumps Zahlungsstopp warnen Experten vor dramatischen Folgen für Hilfsprojekte. (Archivbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Donald Trump hat einen Stopp der amerikanischen Auslandshilfe angeordnet.
  • Auch die Schweiz hat für 2025 Kürzungen bei der Entwicklungshilfe beschlossen.
  • Westliche Länder würden so an Glaubwürdigkeit einbüssen, warnen Experten.

Die Entwicklungshilfe steht weltweit unter Druck. Mit der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, fast alle Entwicklungshilfezahlungen für 90 Tage auszusetzen, gerät die internationale Zusammenarbeit ins Wanken.

Kein Wunder: Die USA sind der grösste bilaterale Geber und finanzieren rund ein Drittel der globalen Entwicklungshilfe.

Die plötzliche Sistierung der Zahlungen trifft zahlreiche Organisationen. Darunter auch Schweizer NGOs wie das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz (Heks). Dieses muss einen Ausfall von 7,5 Millionen Franken verkraften, wie es letzte Woche mitteilte.

«Folgen des plötzlichen Rückzugs sind dramatisch»

Katharina Michaelowa, Professorin für Entwicklungspolitik an der Universität Zürich, warnt: «Die Folgen dieses plötzlichen Rückzugs sind dramatisch und werden viele Leben kosten.»

Viele Programme, etwa in den Bereichen Lebenserwartung, Kindersterblichkeit oder Bildung, hätten in den letzten Jahrzehnten messbare Fortschritte erzielt. Nun stünden sie auf der Kippe.

Neben den unmittelbaren Folgen für die Hilfsprojekte droht dem Westen laut Michaelowa auch ein Vertrauensverlust.

heks
Heks muss aufgrund des Einfrierens der humanitären Hilfe der USA mehr als 100 Angestellte entlassen, wie die Organisation mitteilte. - keystone

Entwicklungszusammenarbeit (EZA) basiere auf langfristigen Partnerschaften. «Was über lange Zeit mühsam aufgebaut wird, kann durch abrupte Politikentscheidungen sehr schnell wieder zerstört werden.»

Für die Schweiz und andere Länder sei dies ein Problem. Denn durch stabile bilaterale Beziehungen könnten sie auch andere internationale Anliegen leichter durchsetzen, erklärt die Entwicklungsökonomin.

«Westen wird an Glaubwürdigkeit einbüssen»

Auch für Sabin Bieri, Co-Direktorin des Centre for Development and Environment (CDE) an der Universität Bern, ist klar: «Die westlichen Länder werden an Glaubwürdigkeit einbüssen.»

Zugleich stünden China und Russland bereit, um in die Bresche zu springen. «Die Kürzungen werden den Bedeutungsverlust des Westens beschleunigen», prophezeit Bieri.

Entwicklungshilfe sei nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch ein strategisches Instrument.

Gerade jetzt, wo viele Länder bei der Entwicklungshilfe sparen, könnte sich die Schweiz diplomatische und wirtschaftspolitische Vorteile erarbeiten.

«Etwa, indem Schweizer Unternehmen zu Vorzugsbedingungen investieren könnten», so die Berner Wissenschaftlerin.

Doch auch hierzulande stehen Kürzungen bei der EZA an. 110 Millionen will das Parlament in diesem Jahr einsparen.

Bieri sagt deshalb: «Die Schweiz verpasst eine grosse Chance, sich als unabhängiger Partner von menschlicher Entwicklung zu positionieren.»

Hilfswerke und Kirchen appellieren an Bundesrat Cassis

Aussenminister Ignazio Cassis hat derweil einen offenen Brief erhalten. Geschrieben haben ihn die drei Hilfswerke Caritas, Fastenaktion und Heks zusammen mit den evangelischen Kirchen und der Bischofskonferenz.

Sie fordern Cassis darin zum Handeln auf, denn die Auswirkungen seien dramatisch. «Mit dem USAID-Stopp droht der Kollaps der internationalen humanitären Strukturen», heisst es im Brief.

Findest du es gut, dass die Schweiz ihre Entwicklungshilfe kürzt?

Die Schweiz habe eine besondere Verantwortung – als Hüterin der Genfer Konventionen und Sitzstaat zentraler UN-Organisationen für humanitäre Angelegenheiten.

Deshalb dürfe die Schweiz nicht schweigen, heisst es im Brief an Cassis, sondern solle eine führende Rolle übernehmen.

Cassis
In einem offenen Brief rufen Hilfswerke und Kirchen Bundesrat Cassis zum Handeln auf. - keystone

Menschenleben würden mutwillig gefährdet und bereits morgen könne es für Millionen von Menschen bereits zu spät sein.

Cassis solle sich auch dafür einsetzen, dass die wohlhabenden Länder ihre Verantwortung gegenüber den ärmsten Menschen der Welt wahrnehmen.

Kommentare

User #4256 (nicht angemeldet)

Zuviel Entwicklungshilfe kann träge machen und Bequemlichkeit fördern. Das einzig Richtige ist Hilfe zur Selbsthilfe sonst bessert sich nie etwas

User #1613 (nicht angemeldet)

Putins Ziel die Welt destabilisieren. SVP unterstützen Putin. Warum mischt sich Putin mit Bomben überall in anderen Ländern ein? Auch die Krise 2015 in Syrien hat Russland gesteuert. Russland bombardierte in Syrien. Angesichts der sich verschlechternden Beziehungen zum Westen und der Befürchtung, dass es in Syrien zu einer weiteren erfolgreichen Revolution kommen könnte, versuchte Putin den Sturz seines Verbündeten Bashar al-Assad zu verhindern und beschloss, auf Assads Seite zu intervenieren. Nach Einschätzung der Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Februar 2016 haben russische Luftangriffe 1700 Zivilisten in Syrien getötet. Ende Januar 2023 gab die Beobachtungsstelle für Menschenrechte an, dass 8697 Zivilisten durch russische Luftangriffe getötet wurden.

Weiterlesen

19 Interaktionen
Ausnahme-Ukraine
USAID
8 Interaktionen
Viel Kritik
Schweizer Konkurrenz
6 Interaktionen
Folgen

MEHR ENTWICKLUNGSHILFE

nato
84 Interaktionen
Gerichtsentscheid
USAID
6 Interaktionen
Bei Entwicklungshilfe
Parlament
2 Interaktionen
Sparmassnahmen
rubio
Personalabbau

MEHR AUS STADT BERN

a
1 Interaktionen
Joker Schärz sticht
Kühlschrank
63 Interaktionen
«Gratis»
Beat
29 Interaktionen
Bern
Telefon
5 Interaktionen
Kapo Bern warnt