Erfolgloser Kampf: Ammoniak schädigt Mensch und Umwelt
Die Schweizer Landwirtschaft verursacht doppelt so viel Ammoniak, wie vom Bund angestrebt. Bauern reagieren nicht auf die Anreize. Die Folgen tragen andere.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ammoniak-Ausstoss ist nach 15 Jahren noch immer doppelt so hoch, wie vom Bund erlaubt.
- Die Anreize für Bauern, ihre Tierbestände zu reduzieren, wirken nicht – im Gegenteil.
- Die Auswirkungen des Gifts spüren andere: Lungenkranke und Bäume.
Constantin Siegenthaler atmet schwer. Der Bauer hat nebenan auf dem Feld Gülle ausgebracht. Siegenthaler leidet an der Lungenkrankheit COPD. Er reagiert deshalb besonders empfindlich auf den Feinstaub, der durch Ammoniak und Verkehrsabgase entsteht.
Europaweit verursacht die Schweiz am zweitmeisten Ammoniak pro Fläche – doppelt so viel, wie gesetzlich erlaubt. Das Ammoniak stammt zu fast einem Drittel von der Landwirtschaft, zeigt der «Kassensturz».
Die Gefahr für die Gesundheit
50'000 Todesfälle könnten verhindert werden, würde die europäische Landwirtschaft ihre Ammoniak-Ausstösse halbieren, errechnete das Max-Planck-Institut. Geschädigt wird aber nicht nur die menschliche, sondern auch die ökologische Gesundheit: Die hohen Ammoniak-Konzentrationen in der Luft überdüngen Ried- und Moorlandschaften und zerstören sie langfristig. Über den Regen wird der Boden versauert, was das Wurzelwachstum hemmt und die Bäume instabil macht.
Das Dilemma der Bauern
Stossend: Schweizer Bauern verursachen fast doppelt so viel Ammoniak wie erlaubt – in den letzten 20 Jahren sank der Wert kaum. Und dies, obwohl Bund und Kantone Ammoniak-reduzierenden Massnahmen finanziell unterstützt. Das Tierwohl mache die Bemühungen jedoch wieder zunichte, denn aus Freilaufställen entweiche mehr Ammoniak.
Behörden schützen Bauern bisher
Um auf den jährlichen Zielwert von 30'000 Tonnen landwirtschaftlichen Ammoniak-Ausstoss zu kommen, müsste der hohe Tierbestand massiv reduziert werden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Im Kanton Luzern etwa nahm seit 2006 der Schweinebestand um ein, der Rindviehbestand um drei und der Geflügelbestand um 30 Prozent zu.
Im Kanton Luzern weist die Regierung den Vorwurf zurück, Bauern würden mehr geschützt als die Umwelt. Zwar hätten die Ammoniak-Massnahmen den gewünschten Effekt nicht entfaltet, die Bauern seien für das Thema jedoch sensibilisiert worden. Man denke über weitere Massnahmen nach.