Im Dezember 2022 kam ein fünfjähriger Bube am Escher-Wyss-Platz ums Leben. Nun spricht erstmals seine Mutter öffentlich über ihre Trauer.
So berichtete Nau.ch zum tragischen Vorfall am Zürcher Escher-Wyss-Platz im Dezember 2022 kurz vor Weihnachten (Archiv). - Nau.ch / Drone-Air-Media.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Dezember 2022 ist ein Fünfjähriger auf dem Escher-Wyss-Platz ums Leben gekommen.
  • Nun spricht erstmals die Mutter von Tony (†5) über ihren tragischen Verlust.
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Es ist eine tragische Geschichte, die noch vielen gut in Erinnerung ist: Kurz vor Weihnachten 2022 kam der fünfjährige Tony auf dem Weg in den Kindergarten ums Leben. Der Bube wurde auf dem Escher-Wyss-Platz von einem Lastwagen erfasst. Es war ein Unfall, der die ganze Stadt Zürich erschütterte. Nun spricht erstmals Susanne Schmetkamp über den Tag, der ihr Leben für immer verändert hat. Denn Schmetkamp ist die Mutter von Tony – ihre Geschichte erzählte sie kürzlich in der SRF-Sendung «Sternstunde der Nacht».

Auf die Frage, wie sie auf die Nachricht zum Tod ihres kleinen Sohnes reagiert habe, antwortete sie: «Ich habe nur geschrien. Sehr, sehr, sehr lange geschrien.» Sie habe es nicht für «real gehalten» – «noch heute nicht». Sie sei zum Unfallort gerannt und habe agiert wie ein «wildes Tier, dem ein Teil des Herzens aus dem Leib gerissen wird».

Escher-Wyss-Platz
Susanne Schmetkamp ist die Mutter des fünfjährigen Knaben, der kurz vor Weihnachten 2022 beim Escher-Wyss-Platz in Zürich von einem Lastwagen tödlich erfasst wurde. - Screenshot/SRF

Genauso fühle sich die Nachricht vom Tod des eigenen Kindes an, sagt Schmetkamp im Gespräch mit der Philosophin Barbara Bleisch. Was danach folge, sei die Ohnmacht. «Ein Schrecken und unglaublicher Schmerz», sagt die Mutter des verstorbenen Fünfjährigen.

In dieser Zeit brauche es vor allem Menschen im Umfeld, welche helfen würden, diejenigen Alltagsdinge zu erledigen, die man selber nicht mehr schaffe. Susanne Schmetkamp sagt, sie habe beispielsweise nicht mehr alleine einkaufen können, oder alleine Tram fahren. «Das war alles sehr problematisch.»

«Als Eltern kommen Scham- und Schuldgefühle auf»

In dem Interview spricht Susanne Schmetkamp nicht nur als trauernde Mutter, sondern auch als Philosophin und Ethikerin. Sie ist Assistenzprofessorin für Philosophie an der Universität Fribourg.

Sie erklärt: «Gerade bei einem plötzlichen Tod kommt der Verstand nicht mehr hinterher. Man lebt wie in verschiedenen Zeiten und Wirklichkeiten. In der einen Wirklichkeit nimmt das Leben seinen geordneten Gang. In der anderen Wirklichkeit herrsche Stillstand oder auch Verlorenheit, weil etwas radikal unterbrochen worden sei.»

Dass sich der Tod des eigenen Kindes so viel schmerzhafter anfühle als der Verlust von anderen Personen, habe mit der bedingungslosen Liebe zu tun, welche Eltern den Kindern entgegenbringen, sagt Schmetkamp – «und mit unserer Fürsorgeverantwortung».

Die Philosophin und Mutter erklärt, dass schliesslich nicht nur der Verlust die Eltern erschüttere, sondern auch das Gefühl, nicht in der Lage gewesen zu sein, das Kind zu schützen. «Das rüttelt an unserer Identität. Da kommen Scham- und Schuldgefühle auf.»

«Bin mittlerweile nicht mehr ganz so verzweifelt»

Susanne Schmetkamp musste bereits viele Verluste in ihrem Leben ertragen: Als sie 13 war, starb ihr Vater und vor knapp elf Jahren verlor die fünffache Mutter bereits einen Jungen. Dieser starb ebenfalls unerwartet und plötzlich – nur einen Tag nach der Geburt, weil die Nabelschnur riss.

Die Trauer nach dem Unglück am Escher-Wyss-Platz sei noch immer sehr intensiv, führt die trauernde Mutter aus. Sie sagt, dass sie eigentlich gar nicht die Worte «immer noch» benutzen möchte, da es sein könne, dass das immer so bleibe. «Aber ich bin mittlerweile nicht mehr ganz so verzweifelt und kann wieder arbeiten und meine Aufmerksamkeit auf meine Kinder, meinen Partner, die Familie und Freunde richten.»

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Der tragische Unfall beim Escher-Wyss-Platz kurz vor Weihnachten 2022 erschütterte damals ganz Zürich (Archiv). - Keystone

Über den Tod von Tony hinwegkommen werde sie aber nie – das sei nicht möglich. «Über solche Einbrüche des Schicksals kann man nicht hinwegkommen. Sondern nur, wenn überhaupt, mit ihnen zurechtkommen.»

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