Flyer-Flut in Schweizer Städten – darf man das?
In den letzten Wochen wurden vielerorts Briefkästen mit politischer Werbung überflutet – auch wenn diese explizit nicht erwünscht ist. Ändern kann man wenig.
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Das Wichtigste in Kürze
- Am Sonntag stimmt die Schweiz über den Ausbau der Nationalstrassen ab.
- Im Vorfeld wurden in mehreren Städten Briefkästen mit Nein-Parolen vollgeklebt.
- Auf «Keine Werbung»-Schilder wurde keine Rücksicht genommen.
- Das ist zwar nervig, aber erlaubt, sagt die Schweizerische Post.
Der Abstimmungskampf befindet sich im Schlussspurt: Am Sonntag entscheidet die Schweiz über zwei Mietvorlagen, die Krankenversicherungsreform Efas und über den Ausbau der Nationalstrassen.
Vereine, Organisationen und Parteien haben in den letzten Wochen versucht, die Stimmbevölkerung mit politischen Flyern von ihrer Meinung zu überzeugen. Eine Aktion sorgte dabei besonders für Aufsehen: In mehreren Städten wurden an Briefkästen Post-its geklebt. «Nein zum Autobahnausbau», heisst es darauf.
Die auffälligen Sticker wurden grossräumig verteilt – auch bei Briefkästen mit einem «Keine Werbung»-Schild.
Auch Post verteilt politische Werbung
Das kann zwar nervig sein, ist aber erlaubt. Post-Sprecherin Nathalie Dérobert Fellay erklärt: «Die Post respektiert den Wunsch werbekritischer Empfängerinnen und Empfänger, keine unadressierten Werbesendungen zu erhalten.» Das heisst: Wer einen Stopp-Werbung-Vermerk am Briefkasten angebracht hat, bekommt auch keine Reklame.
Aber: Politische Flyer seien keine Werbung. Dérobert Fellay: «Die Post darf unadressierte Flyer und Broschüren von politischen Parteien trotz Stopp-Werbung-Vermerk in die Briefkästen zustellen.»
Der Grund: Werbung von politischen Parteien würde als sogenannte «offizielle Sendung» gelten. Als «offiziell» gelten etwa Blutspendenaufrufe und Informationen zu Bauvorhaben. Oder auch eben die «Stopp Autobahnausbau»-Kleber.
Diese wurden jedoch nicht von der Post selbst, sondern von Freiwilligen des Vereins «UmverkehR» verteilt. Geschäftsleiter Silas Hobi ist sich der Rechtslage bewusst: «Politische Sensibilisierung ist explizit keine Werbung und darf deshalb in ‹Keine Werbung›-Briefkästen verteilt werden.»
Die Post-its hätten keine kommerziellen Ziele, sondern würden für die Teilnahme an der Volksabstimmung aufrufen. «Das ist für das Funktionieren der Demokratie essenziell», so Hobi.
Doch das sehen nicht alle so: Der Verein habe nach seiner Aktion negative Rückmeldungen bekommen – «wie im üblichen Bereich bei politischen Kampagnen». Es habe sich überwiegend um Personen mit einer anderen politischen Haltung gehandelt.
Konsumentenschutz: «Derzeit keine befriedigende Lösung»
Für jene Personen wäre es ein Vorteil, wenn der «Keine Werbung»-Kleber auch für politische Flyer zählen wurde.
André Bähler vom Konsumentenschutz erklärt: «Es gibt jedoch auch Bürgerinnen und Bürger, die zwar keine Unternehmenswerbung wünschen, sich aber gerne über Wahlen und Abstimmungen informieren.» Es gebe «derzeit keine Lösung, die für alle befriedigend ist».