Heiratsstrafe-Initiative wird noch einmal zum Gesprächsthema
Das Wichtigste in Kürze
- 2016 wurde die Heiratsstrafe-Initiative abgelehnt.
- Es wurde eingeräumt, dass man von 80'000 Betroffenen ausging und nicht von 450'000.
- Heute wird entschieden, ob die Abstimmung der Initiative der CVP wiederholt wird.
Es wäre das erste Mal seit der Gründung des Bundesstaates im Jahr 1848.
Am 28. Februar 2016 wurde die Initiative mit dem Titel «Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe» abgelehnt. 16 Kantone und ein halber sagten zwar Ja, doch scheiterte die Initiative am Volksmehr - 50,8 Prozent der Stimmenden sagten Nein.
Heiratsstrafe-Initiative der CVP
Die CVP wollte in die Verfassung schreiben, dass verheiratete Ehepaare nicht bestraft werden dürften gegenüber Paaren mit anderer Lebensform, namentlich bei der Besteuerung und bei den Sozialversicherungen.
Der Bundesrat empfahl das Begehren zur Ablehnung. Im Abstimmungsbüchlein schätzte er, dass rund 80'000 Doppelverdiener-Paare sowie rund 250'000 Rentner-Ehepaare von der so genannten Heiratsstrafe betroffen seien.
Riesen Irrtum bezüglich der Anzahl Betroffenen
Im Juni 2018 korrigierte die Regierung dann die Zahlen und räumte einen gewaltigen Irrtum ein. Nicht 80'000 Zweiverdiener-Ehepaare waren demnach von der Heiratsstrafe betroffen, sondern 454'000. Die Zahl der durch eine Heiratsstrafe diskriminierten Ehepaare betrug nach der Korrektur 704'000.
Für die CVP war diese Korrektur Anlass für Abstimmungsbeschwerden in mehreren Kantonen. Nach der Abweisung durch die Kantonsregierungen wandte sich die Partei ans Bundesgericht. Dieses entscheidet am Mittwoch in einer öffentlichen Beratung über die Eingaben.
Lässt das Bundesgericht die Beschwerde zu, würde die Abstimmung vom 28. Februar 2016 ungültig und das Stimmvolk müsste noch einmal an die Urnen. Nach Angaben der Bundeskanzlei war dies seit der Gründung des Bundesstaates im Jahr 1848 bei einer eidgenössischen Abstimmung noch nie der Fall.
Abstimmungsbeschwerden sind keine Neuheit
Eine Abstimmungsbeschwerde lag dem Gericht allerdings bereits einmal vor. Nach dem knappen Ja zur Unternehmenssteuerreform II 2008 hatte die SP eine Annullierung verlangt und damit begründet, dass der Bundesrat die Steuerausfälle für den Bund zu tief eingeschätzt habe. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und argumentierte mit Rechtssicherheit - die Reform war bereits in Kraft.
Eine Annullierung gab es auch im Kanton Tessin einmal. Im Südkanton wurden nach Ausschreitungen und Unregelmässigkeiten während der Kampagne im Jahr 1854 die Nationalratswahlen annulliert. Entschieden hatte dies der damals zuständige Nationalrat.