Implantate müssen immer häufiger zurückgerufen werden
Fehlerhafte Implantate sorgen für eine enorme Zunahme von Nachbesserungen. Der Bund klagt: Er habe zu wenig Personal, um die Implantate sorgsam zu überprüfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Meldungen über fehlerhafte Implantate in der Schweiz häufen sich.
- Der Bund gesteht: Sie haben zu wenig Personal, um alle Produkte zu überprüfen.
Immer häufiger werden Fälle von fehlerhaften Implantaten publik. Betroffene Patienten verspüren teils starke Schmerzen, manche kämpfen noch Jahre danach mit gesundheitlichen Problemen. Während 2006 pro Monat noch 18 Meldungen gemacht wurden, sind bei Swissmedic heuer im Schnitt monatlich 59 Warnungen und Rückrufe eingegangen. Swissmedic ist die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel in der Schweiz.
Wie Recherchen des «Tages-Anzeigers» zeigen, häufen sich auch Probleme mit Knie- und Hüftprothesen. Die Zunahme hat sich innert den letzten zwölf Jahre um das Sechsfache verdoppelt. Gab es 2006 noch 16 Sicherheitsprobleme, waren es letztes Jahr 99.
Alte Menschen haben höhere Ansprüche an Mobilität
Der Schweizer Branchenverband Swiss Medtech begründet den Anstieg damit, dass mehr Medizinprodukte zum Einsatz kämen. «Die Gesellschaft wird älter, die Ansprüche an Mobilität bis ins hohe Alter steigen», so der Verband. Ein Blick in das Schweizerische Implantat-Register zeigt aber: Bei den Knie- und Hüftimplantaten ist die Anzahl der Eingriffe seit 2012 nur leicht angestiegen.
Anders sieht es bei Nachbesserungen aus. Seit 2012 sind erneute operative Eingriffe während vier Jahren um 20 Prozent angestiegen; 2016 waren es 4600 Fälle. Die Hauptursache sind verrutschte Implantate, aber auch Infektionen oder Metallvergiftungen bedingen Korrekturen. Dabei werden noch längst nicht alle Probleme mit Medizinalprodukten gemeldet.
Staat hat zu wenig Angestellte für sorgsame Kontrollen
Für die Sicherheit dieser Produkte sind in der Schweiz private Prüffirmen verantwortlich. Diese wiederum werden vom Staat kontrolliert. Aktuell sind 22,9 Vollzeitstellen der Kontrolleure besetzt. Zu wenig, denn sie müssen auch über Tausend Med-Tech-Firmen und Hunderte Spitäler und Klinken inspizieren. «Wir tun so viel wir können, aber es fehlt das Personal für noch mehr Kontrollen», gesteht Bernhard Bichsel von Swissmedic.
Die Behörde weiss nicht, woher der plötzliche Anstieg bei den Meldungen herrührt. «Es gibt keine Datenbank, in der alle in Verkehr gebrachten Produkte aufgeführt sind», sagt Bichsel. Die Prüffstellen wiederum geben keine Auskunft darüber, wie viele Medizinprodukte die Unternehmen jährlich zertifizieren. Es sei ein «Geschäftsgeheimnis», genauso wie die Anzahl der Produkte, die bei der Zertifizierung durchfallen.