Interlaken: Grosses «Spannungsfeld» wegen Zweitwohnungen

Rolf Lutz
Rolf Lutz

Interlaken-Oberhasli,

Die Gemeinde Interlaken ist eine der ersten, die klare Reglemente mit Blick auf das Thema Zweitwohnungen eingeführt hat. Erste Resultate liegen nun vor.

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In Interlaken will man sicherstellen, dass trotz Tourismus auch die Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt werden. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Interlaken hat ein klares Reglement bezüglich Zweitwohungen.
  • Das Spannungsfeld zwischen diesen und dem Bedarf für Einheimische ist gross.
  • So beschreibt es der Gemeindepräsident.
  • Im Jahr 2024 wurden 14 Baupolizeiverfahren eingeleitet.

Im Wissen um die Aktualität zur Zweitwohnungs- respektive Plattform-Wohnungsthematik entschied der Interlakner Gemeinderat, gemeinsam mit der Tourismus-Organisation Interlaken (TOI) einen Ausschuss zu bilden. Dieser hat anlässlich seiner Sitzung im August 2024 die ersten erzielten Resultate analysiert und das weitere Vorgehen definiert.

Erste Massnahmen greifen

Interlaken hat als eine der ersten touristischen Gemeinden ein klares Reglement zum Thema Zweitwohnungen eingesetzt. Dies führt dazu, dass noch immer zahlreiche Umnutzungsgesuche publiziert werden – dabei handelt es sich zu einem grossen Teil um nachträgliche Bewilligungen für bereits als Zweitwohnung zur kurzzeitigen Vermietung genutzte Objekte.

«Dank der im März 2024 eingeleiteten und kommunizierten Massnahmen stellt unsere Bauverwaltung eine weitere Steigerung der nachträglichen Anmeldungen und Selbstanzeigen fest», bestätigt die Gemeinde.

interlaken
Ausblick auf die Gemeinde Interlaken. (Archivbild) - keystone

Der Ausschuss überarbeitet aktuell den öffentlich-rechtlichen Vertrag betreffend Kurtaxe. Die TOI wird mit dem Vollzug des Kurtaxenreglements beauftragt.

Dafür wurde das Mandat der Kurtaxen-Kontrolle ausgeschrieben. «Die eingegangenen Bewerbungen werden jetzt evaluiert und die Mandatsvergabe läuft», bestätigt Tourismusdirektor Daniel Sulzer.

Gemeinde und Tourismus im Dialog

Aufgrund der offensiven Kommunikation zur Zweitwohnungsthematik, der angekündigten Massnahmen und der ersten Umsetzungen verzeichnen die Bauverwaltung und die TOI zahlreiche Reaktionen und Fragen aus der Bevölkerung.

Um dem erhöhten Interesse aus der Bevölkerung gerecht zu werden, den Mehraufwand zu bewältigen und die Themen effizient zu bearbeiten, wurde der Austausch zwischen der Bauverwaltung und der TOI intensiviert. Die Arbeitsgruppe trifft sich monatlich und stellt einen laufenden Dialog sicher.

Kontrollen und Bussen

Mietobjekte, die auf Plattformen zur kurzzeitigen Nutzung ausgeschrieben werden, erfasst die Verwaltung und überprüft, ob sie gemeldet sind. Diese Kontrollen über die Belegung aller nicht als Erstwohnungen registrierten Objekte mit Verstössen (nicht gemeldet, fehlende Kurtaxenabrechnungen etc.) können mit Bussen geahndet werden. Im Jahr 2024 wurden 14 Baupolizeiverfahren eingeleitet.

Die Überbauungsordnungen (UeO) und Zonen mit Planungspflicht (ZPP) mit der Auflage des 100-Prozent-Erstwohnungsanteils werden konsequent durchgesetzt.

Zahlen und Fakten

Die Werte der Gemeinde Interlaken haben sich in den letzten Monaten nicht akzentuiert. Interlaken weist einen Zweitwohnungsanteil von rund 14 Prozent vor. Die Leerwohnungsziffer beläuft sich auf 1,5 Prozent. Diese Zahlen liegen im Schweizer Schnitt.

Fazit: Der Zweitwohnungsanteil bewegt sich etwa auf gleichem Niveau wie im Frühling 2024. Die durch Ferienwohnungen generierten Logiernächte im Jahr 2023 bewegen sich in etwa auf dem Niveau vom Jahr 2019.

gemeinde interlaken
Philippe Ritschard ist der Gemeindepräsident von Interlaken. - Gemeinde Interlaken

«Das Spannungsfeld zwischen den Zweitwohnungen und dem Bedarf von Wohnraum für Einheimische lässt sich nicht wegdiskutieren», anerkennt Philippe Ritschard, Gemeindepräsident von Interlaken.

«Die Reglemente, Massnahmen und der Austausch mit dem Tourismus bilden die Basis für einen qualitativen Tourismus, aber auch künftigen attraktiven und bezahlbaren Wohnraum für Einheimische und Mitarbeitende», bestätigt der Ausschuss.

Tourismus im Wandel

Interlaken blickt auf eine langjährige Tourismustradition und Willkommenskultur zurück. Der Abwägung zwischen Qualität und Quantität sowie Rücksicht auf die Bevölkerung kommt gerade vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung zu.

Der Tourismus und die Bedürfnisse der Gäste verändern sich stetig. Was bleibt, ist die Bedeutung der Gastfreundschaft. «Wir beobachten Trends und erkennen gesellschaftliche Entwicklungen im Reiseverhalten frühzeitig», erklärt Tourismusdirektor Daniel Sulzer.

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«Für eine international ausgerichtete Ferienregion und im Sinne der Tourismusmarke Interlaken ist eine breite Palette an Beherbergungsarten unumgänglich, dazu gehören auch Ferienwohnungen. Dabei müssen aber für alle die gleichen Regeln gelten», betont er. Gemäss ihrer Strategie «Interlaken 2030» setzt die TOI bereits verschiedenste Sensibilisierungsmassnahmen um.

Gemeinde und Tourismus in Zusammenarbeit

Aufgrund der Strukturen, Gesetzgebungen und Reglemente sind die Aufgaben zwischen der Gemeinde/Politik und dem Tourismus klar definiert. Während die TOI für das Marketing der Destination und damit das «Holen und Halten» von Gästen im Einklang mit den Leistungsträgern, wie in diesem Fall den Beherbergungsanbietern, und die weitere touristische Entwicklung zuständig ist, muss die Gemeinde die Auflagen vonseiten Bau und Sicherheit durchsetzen.

«Es ist uns bewusst, dass diese ‹Gewaltentrennung› nicht immer klar erkennbar ist. Der eingesetzte Ausschuss erkennt den entsprechenden Informationsbedarf», bestätigt Philippe Ritschard. «Es ist durchaus in unserem Interesse, gemeinsam mit der Gemeinde für einen Qualitätstourismus auf allen Ebenen zu sorgen», bestätigt Sulzer die enge Zusammenarbeit mit der Gemeinde.

Politische Vorstösse

«Die im Juni 2024 initiierte Initiative der SP sowie eine Motion der FDP im Grossen Gemeinderat von Interlaken zeigen, dass das Thema auch auf politischer Ebene aktuell ist und Aufklärungsbedarf besteht», weiss Philippe Ritschard.

«Der Gemeinderat Interlaken ist sicher, dass die eingeleiteten Massnahmen und die weitere Arbeit im Ausschuss, gemeinsam mit der TOI, den Weg ebnet, um einen gesunden Tourismus und ein gutes Miteinander von Einheimischen und Gästen zu ermöglichen», so Ritschard weiter.

Ausschussarbeit wird fortgesetzt

«Wir sind überzeugt, mit diesen Schritten erste wirkungsvolle Massnahmen getroffen zu haben. Diese Thematik wird uns noch weiter beschäftigen – immer mit dem Ziel, diese Beherbergungsform in unserer touristisch geprägten Gemeinde in Einklang mit der einheimischen Bevölkerung zu bringen», schliesst Philippe Ritschard ab.

Der Ausschuss wird seine Arbeit weiter fortsetzen und die Bevölkerung regelmässig informieren.

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Kommentare

User #1729 (nicht angemeldet)

Die Anzahl von Touristen ist klar zu beschränken. Heute ist Donnerstag der 5. September. An diesem Tag wird bei uns auf dem Bödeli der Anzeiger mit den Wohnungs- Inseraten gebracht. Gerade mal eine Wohnung zu einem bezahlbaren Preis war ausgeschrieben. Und diese Wohnung ist leider noch auf Zeit beschränkt. Das ist eine Tatsache. Weiteres Problem sind unsere Kommunalpolitiker, die meistens pro Tourismus eingestellt sind. Bei uns heisst es seit Jahrzehnten, seit froh darüber dass wir Touristen haben, sonst würd sich hier bei uns die Industrie ansiedeln. Meine persönliche Meinung dazu. In einem Industriegebiet hat der Mensch wenigstens am Wochenende seine Ruhe. Kürzlich war zu lesen, dass gewisse Kreise immer noch nicht genug haben und nach noch weiterem Wachstum schreien. Vor Jahren wurden in Grindelwald massenhaft Verstösse gegen den Zweitwohnungsbau festgestellt. Liebe Leser und Leserinnen, hiermit muss ich leider erwähnen dass trotzt allem nichts dagegen unternommen wurde. Ein Einheimischer.

User #2667 (nicht angemeldet)

Herr Lutz, eine ernsthafte Frage. Wie kann ich gegen den illegalen Zweitwohnungsbau in einem Walliser -Bergdorf als Privatperson vorgehen?

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