Ist Berner Kindlifresserbrunnen im Visier von Demonstranten?
Der Kindlifresserbrunnen in Bern steht möglicherweise im Fokus einer Kundgebung. Bei Linksautonomen gilt die Brunnenfigur als antisemitisches Symbol.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei einer bevorstehenden Demonstration steht möglicherweise der Kindlifresser im Visier.
- Linksautonome sehen die Berner Brunnenfigur als antisemitisches Symbol.
- Die Kundgebung ist für Samstagnachmittag in Bern geplant.
Seit den Hamas-Massakern am 7. Oktober 2023 wird anarchistischen und autonomen Gruppen vorgeworfen, palästinensische Parolen und Symbole unreflektiert zu übernehmen.
Trotz dieser Vorwürfe zeigt sich die linksradikale Szene fragmentiert. Wie «Der Bund» berichtet, hat sich eine Gegenbewegung gebildet. Unter dem Titel «Zeit für ein Ende, historische Kontinuität brechen – gegen Antisemitismus» wird nun zu einer Kundgebung aufgerufen. Geplant ist diese für Samstagnachmittag in Bern.
Bezug auf Holocaust
Der Aufruf der Anarchistischen Gruppe Bern nimmt Bezug auf den Holocaust und die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee. Diese jährte sich diese Woche zum 80. Mal.
Im Aufruf heisst es: «Auschwitz war weder der Anfang noch das Ende des Antisemitismus. Bereits im Mittelalter war die jüdische Geschichte, so wie in Bern, geprägt von Pogromen aufgrund von Ritualmordvorwürfen und antisemitischen Verschwörungserzählungen.»
Als Besammlungsort wird der Bahnhof Bern genannt. Im Zentrum der Demonstration könnte aber der Kindlifresserbrunnen stehen. Grund: Über die Bedeutung der Brunnenfigur herrscht Uneinigkeit.
René Bloch, Professor für Judaistik an der Universität Bern, findet im «Bund»: «Die ursprüngliche Intention des Errichters muss offenbleiben.»
Dennoch sei für ihn klar, dass der Kindlifresser im 16. Jahrhundert und später antisemitisch mit den Juden in Verbindung gebracht wurde.
Bloch erklärt: «Schon in einem Holzschnitt aus dem späten 15. Jahrhundert wird in einer ähnlichen Darstellung der Kinder fressende Mann mit Symbolen explizit als Jude dargestellt.»
Zudem hat die Stadt Bern letztes Jahr neue Informationstafeln in der Nähe des Brunnens angebracht, die auf einen möglichen antisemitischen Hintergrund hinweisen.
Keine Bewilligung
Die Kantonspolizei Bern hat angekündigt, die Lage zu beobachten und gegebenenfalls Massnahmen zu ergreifen.
Laut der Stadt Bern wurde für die Kundgebung keine Bewilligung erteilt.