Jetzt fordert Sicherheitschef mehr Überwachung bei der Reitschule
Bei der Berner Reitschule kam es Samstagnacht zu wüsten Szenen. Um solche Fälle vorzubeugen, müsse der Bund mehr Überwachungsmittel haben, so Reto Nause.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Wochenende wurden vor der Berner Reitschule elf Polizisten verletzt.
- Laut Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause hatte die Aktion keinen politischen Grund.
- Anarchisten widersprechen. Bei dem Zwischenfall habe sich ihre «Wut» entladen.
In der Nacht auf Sonntag kam es vor der Reitschule Bern zu heftigen Ausschreitungen. Unbekannte Personen schoben Container auf die Strasse und versuchten, diese anzünden.
Die Polizei wurde beim Einsatz mit Steinen, Flaschen, Feuerwerkskörper und Lasern angegriffen: Elf Beamte wurden verletzt. Die Polizei setzte ihrerseits Gummischrot, Wasserwerfer und Reizstoffe ein – wie viele weitere Verletzte es gab, ist nicht bekannt.
Die Reitschule ist für Konservative ein Dorn im Auge, für Linke ein wichtiges Kulturzentrum. Kurz: Ein Ort voller Spannungen.
Wieso kommt es aber gerade jetzt zu solch heftigen Auseinandersetzungen? Die «Bezugsgruppe Sebastian Lotzer», ein Teil der Anarchistischen Gruppe Bern, nimmt auf der Website «Barrikade» Stellung zur Aktion. Es habe sich in dieser Nacht die «kollektive Wut gegen die Staatsgewalt entladen».
«Unser Handeln ist die Konsequenz unserer Kritik an diesem System und seinen Verbündeten», schreibt die Bezugsgruppe. «Heute Nacht waren wir die Wut von Migrant*innen, von Queers, von jüdischen Menschen, von Eltern und Kindern, von der ‹Unterschicht›, von der Stadtentwicklung Verdrängten, von Antifas und vielen Weiteren.»
Jedoch sei dieser Abend nur «ein Ausdruck von vielen der jüngsten Angriffe auf das System, die sich in den letzten Monaten manifestiert haben». Und: «Militanz drückt sich nicht nur in der direkten Konfrontation aus.»
Sie zeige sich anders: zum Beispiel in Bewegungen gegen die Wohnungskrise oder im Kampf gegen das unfaire Asylwesen.
«Klare Handschrift der gewalt-extremistischen linken Szene»
Reto Nause, der Berner Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie, ist allerdings überzeugt, dass diese Aktion keinen politischen Hintergrund hatte. «Einen äusseren Anlass für diese gesuchte Gewaltaktion gibt es nicht», sagt der Mitte-Politiker zu Nau.ch. «Es ist die klare Handschrift der gewalt-extremistischen linken Szene.»
Das sieht auch Manuel Willi, Chef der Regionalpolizei Bern so. Es sei ein hohes Gewaltpotenzial da gewesen. «Die Randalierer haben versucht, Menschen schwer zu verletzen», sagt er beim TV-Sender «Telebärn».
Die städtische SVP fordert die Schliessung des Begegnungszentrums.
Sicherheitsdirektor Nause will anders vorbeugen, wie er zu Nau.ch sagt. «Um Beweismittel zu haben, um Straftäterinnen und Straftäter zu überführen, müsse man genau diese Personen nachrichtendienstlich besser überwachen.»
Wird der Bund bald mehr überwachen können?
Die Rede ist von «bewilligungspflichtigen Überwachungsmitteln», wie zum Beispiel Telefone abhören oder Wohnungen durchsuchen. Das ist aber zurzeit nicht erlaubt und würde eine Änderung des Bundesnachrichtendienstgesetzes erfordern, so Nationalrat Nause. Diese sei «am Tun» auf Stufe Bund.
Der Vorfall von Samstagnacht ist in aller Munde. Auch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried nimmt Stellung dazu: Was passiert ist, sei «schrecklich und unverständlich».
Die Stadt werde die Vorkommnisse von Samstagnacht nun analysieren und zu verstehen versuchen, «um was es ging», sagt der Grünen-Politiker am Montag im Regionaljournal Bern von Radio SRF.
Reitschule distanziert sich
Die Reitschule selbst distanziert sich von den Ausschreitungen: «Der Anlass für die Aktion am Samstagabend wurde weder von uns Betreiber*innen noch von unseren Gästen verstanden», heisst es in einer Mitteilung der Mediengruppe.
Und: «Seit jeher appelliert die Reitschule an die Vernunft aller Akteure und fordert den Respekt gegenüber der körperlichen und psychischen Integrität unserer Mitmenschen.»