Botox ist bekannt dafür, Fältchen vom Gesicht zu zaubern. Was viele nicht wissen: Das Nervengift wird oft medizinisch eingesetzt, zum Beispiel als Rülps-Hilfe.
Botox Medikament
Weil eine Nau.ch-Leserin nicht rülpsen konnte, erhielt sie eine Botox-Spritze. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer nicht aufstossen kann, leidet oft an Schmerzen.
  • Was dagegen hilft: eine Botox-Spritze in den Schliessmuskel der Speiseröhre.
  • Botox wird tatsächlich noch in zahlreichen weiteren medizinischen Bereichen eingesetzt.
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Hast du auch fast unaushaltbare Schmerzen in der Brust, nachdem du eine erfrischende Cola oder ein Bier getrunken hast? Dann hast du vielleicht das gleiche Problem wie Nau.ch-Leserin Sandra P.* «Es ist der blanke Horror», beschreibt sie das Phänomen.

Die 26-jährige Bernerin leidet an R-CPD – einer sogenannten Retrograde-Cricopharyngeale-Dysfunktion. Das bedeutet: Sie kann nicht rülpsen. Dies kann zu Schmerzen im Bauch und in der Brust führen. Auch übermässige Blähungen und ein Gurgeln im Hals treten auf – oder anders gesagt: unangenehme Situationen am Esstisch.

Mit Botox gegen Brustschmerzen

Das Leiden entsteht durch eine Störung des oberen Schliessmuskels der Speiseröhre, schreibt das Kantonsspital St. Gallen auf seiner Website. Der Muskel kann sich nicht entspannen, weshalb Gas in der Speiseröhre eingeschlossen ist.

Was dagegen hilft, ist das Nervengift Botulinumtoxin – besser bekannt als Botox. Dieses wird mit einer gezielten Spritze in den Schliessmuskel gesetzt. Dadurch erschlafft der Muskel vorübergehend und das Problem ist meistens gelöst. In manchen Fällen müssen die Botox-Injektionen nach einigen Monaten wiederholt werden.

Botox
Botox wird nicht nur für die Faltenbehandlung eingesetzt – es hat auch zahlreiche medizinische Funktionen.
Migräne Symbolbild
Das Nervengift wird auch zur Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne eingesetzt.
Schwitziger Rücken
Bei übermässigem Schwitzen kann die Produktion der Schweissdrüsen durch Botox verlangsamt werden.
Person muss aufs Klo
Und auch bei verschiedenen Blasen-Problemen, zum Beispiel übermässigem Harndrang, kann eine Spritze Botox helfen.
Dr. Dunst
Dr. Sascha Dunst, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie, erklärt, dass Botox sogar ursprünglich medizinisch eingesetzt worden sei.
Schielen
«Zuerst wurde es in der Augenheilkunde bei der Behandlung des Schielens eingesetzt», sagt Dunst zu Nau.ch.
Botox
Die ästhetische Komponente, also die Faltenbehandlung, sei später durch Zufall entdeckt worden. (Symbolbild)

Botox wird also nicht nur benutzt, um Fältchen verschwinden zu lassen und die Haut zu straffen. Im Gegenteil: Das Nervengift hat zahlreiche gesundheitliche Wirkungsweisen.

Ein paar Beispiele

Wer an häufigen Kopfschmerzen und Migräne leidet, kann sich ebenfalls mit einer Botoxspritze helfen lassen. Auch hier wirkt das Nervengift muskelentspannend. Dasselbe gilt für Muskelverspannungen im Gesicht und Spastiken – krankhafte Erhöhungen der Muskelspannung, die sich wie ein Krampf anfühlen.

Weiter könne Botox dabei helfen, Tics zu minimieren, erklärt Sascha Dunst. Er ist Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie in Aarau. Botox könne auch die Arbeit der Schweissdrüsen verlangsamen – um übermässiges Schwitzen zu verhindern.

Hast du dir schon einmal Botox spritzen lassen?

Sogar gegen häufigen Harndrang wird teilweise Botox eingesetzt, steht im Arzneimittel-Kompendium der Schweiz. Ebenso bei unfreiwilligem Harnverlust ohne Harndrang – genannt neurogene Detrusor-Überaktivität.

Zudem haben US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler Kurioses entdeckt: Patienten, die sich einer Botox-Faltenbehandlung unterzogen, erlebten in 56 Prozent der Fälle einen Rückgang von Depressionen.

Experte warnt: Botox ist nicht immer risikofrei

Botox sei anfangs sogar primär medizinisch eingesetzt worden, erklärt Dunst. «Zuerst wurde es in der Augenheilkunde bei der Behandlung des Schielens eingesetzt. Die ästhetische Komponente, das heisst die Behandlung bestimmter Falten, war erst ein Zufallsbefund und hat dann die ästhetische Medizin revolutioniert.»

Dunst warnt jedoch: «Insgesamt ist Botox relativ nebenwirkungsarm, aber, wie immer, nicht risikofrei.»

*Name von der Redaktion geändert

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