Attacke Lugano: Bundesanwaltschaft bestätigt Terrorismus-Verfahren
Eine Schweizerin (28) ging in Lugano mit einem Messer auf zwei Frauen los. Laut Fedpol tauchte die Frau bereits 2017 bei Ermittlungen zum Dschihadismus auf.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Manor in Lugano griff am Dienstag eine Schweizerin mit einem Messer zwei Frauen an.
- Die Frau tauchte gemäss Fedpol bereits 2017 bei Ermittlungen zu Dschihadismus auf.
- Eine Zeugin erzählt, das Messer habe noch das Etikett des Warenhauses getragen.
Eine 28-jährige Schweizerin ging am Dienstag in Lugano mit einem Messer auf zwei Frauen los. Laut einer Rekonstruktion der Tessiner Kantonspolizei packte sie die erste mit blossen Händen am Hals, während sie die zweite mit der Stichwaffe am Hals verletzte.
Die Tat ereignete sich kurz nach 14 Uhr im Manor auf der Piazza Dante. Die Täterin mit Wohnsitz in Lugano wurde von einem Paar aufgehalten und konnte anschliessend von der Polizei verhaftet werden.
Eines der Opfer erlitt schwere, aber nicht lebensbedrohliche Verletzungen, heisst es in der Medienmitteilung der Kantonspolizei. Das zweite Opfer kam mit leichten Verletzungen davon.
Wie das Bundesamt für Polizei Fedpol am Mittwochmittag mitteilt, hätten polizeiliche Ermittlungen im Jahr 2017 ergeben, «dass sich die Person damals über soziale Medien in einen dschihadistischen Kämpfer aus Syrien verliebte».
Update von @fedpolch zur Messerattacke in #Lugano 👇 pic.twitter.com/F5KQNCXuGQ
— fedpol (@fedpolCH) November 25, 2020
Auch hätte die Frau versucht, nach Syrien zu reisen, wurde aber von den türkischen Behörden aufgehalten. Die mutmassliche Täterin soll zudem an psychischen Problemen gelitten haben, weshalb sie in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen wurde.
Nun begründet die Bundesanwaltschaft (BA) ihr Strafverfahren gegen die Messerstecherin von Lugano: Verdacht der versuchten vorsätzlichen Tötung und der schweren Körperverletzung sowie Verstoss gegen Art. 2 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaida» und «Islamischer Staat».
Die Frau sei festgenommen worden und befinde sich Untersuchungshaft, teilte die BA auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA weiter mit.
«Am Messer klebte noch das Preisschild»
Eine Frau, die genau zu diesem Zeitpunkt im fünften Stock des Warenhauses am shoppen war, erzählt dem Tessiner Fernsehen RSI von der «schrecklichen Szene», die sie miterlebt hat.
Sie habe einen Knall gehört und sogleich zwei Frauen am Boden liegen sehen, die eine auf der anderen. Eine der beiden Frauen habe versucht, sich mit den Armen gegen eine Angreiferin zu wehren.
Und dann habe sie das riesige Messer entdeckt, das die Angreiferin dabei gehabt habe. Es sei ein Messer gewesen, das man sonst benutze, um Fleisch zu schneiden. Das Etikett habe noch auf dem Messer geklebt, so die Tessinerin. Die mutmassliche Täterin muss es wohl direkt im Laden entwendet haben.
Sie habe viel Blut gesehen, erzählt die Frau dem Sender. Die eine Frau sei an der Kehle verletzt gewesen. Wie das Newsportal «tio.ch» berichtet, soll die mutmassliche Täterin «sono dell'Isis» («Ich bin vom Isis») gerufen haben.
Ösi-Kanzler meldet sich auf Twitter - Sommaruga telefoniert
Auf Twitter hatte sich der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz rasch zum Vorfall geäussert. «Ich verurteile den heutigen islamistischen Angriff in Lugano aufs Vollste. Meine Gedanken sind bei den Opfern», schreibt der Politiker in seinem Tweet und markierte Simonetta Sommaruga.
I fully condemn today’s Islamist terrorist attack in #Lugano. My thoughts are with the victims wishing them a full & swift recovery. We stand with #Switzerland in these difficult hours. We'll give a joint response to Islamist terrorism in #Europe & defend our values. @s_sommaruga
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) November 24, 2020
Die Bundespräsidentin hat sich auch am Mittwoch noch nicht öffentlich zur Tat geäussert. Ihr letzter Tweet bezieht sich auf die Beziehung zwischen Finnland und der Schweiz. Darüber empörte sich CVP-Nationalrätin Marianne Binder. Sie teilte zwei Screenshots – einen vom Sommaruga-Account und einen vom Kurz-Account – und schrieb dazu: «Was man an der Spitze des Landes an einem Tag wie heute twittert...»
Der aktuellste Tweet. Was man an der Spitze eines Landes an einem Tag wie heute twittert... pic.twitter.com/PljCQzvlIr
— Marianne Binder 💙💛 (@BinderMarianne) November 24, 2020
Kurze Zeit später wurde bekannt, dass die Bundespräsidentin nach der Attacke mit dem Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi telefoniert hat, um ihr Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen für die betroffenen Frauen und die Tessiner Bevölkerung und um die Unterstützung des Bundes zuzusichern. Das hiess es beim Bund auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Islamismus-Kritikerin: «Moscheen konvertieren um die Wette»
Auch die bekannte Islamismus-Kritikerin Saïda Keller-Messahli äusserte sich auf Twitter. Die Präsidentin des Vereins «Forum für einen fortschrittlichen Islam» schrieb: «In Lugano ist es heute Nachmittag zu einem terroristischen Angriff gekommen - die Täterin vermutlich eine zum Islam konvertierte und radikalisierte Schweizerin. In den Moscheen wird notabene um die Wette konvertiert...»
Lorenzo Quadri, Nationalrat der Lega dei Ticinesi, ärgert sich darüber, dass die Täterin polizeibekannt war. Er schrieb auf Twitter: «Natürlich auf freiem Fuss, wie so viele andere ihrer Art.»
Naturalmente in giro a piede libero, come tanti altri della sua risma pic.twitter.com/A2uW5c4zV9
— Lorenzo Quadri (@LorenzQuadri) November 24, 2020