Moutier gehört in Zukunft zum Kanton Jura
Das Wichtigste in Kürze
- Am Sonntag hat Moutier erneut über seine Kantonszugehörigkeit abgestimmt.
- Die Gemeinde gehört neu zum Kanton Jura.
- Pro-Jurassier feierten nach Bekanntgabe des Resultats ausgelassen.
Jetzt steht es fest: Die Gemeinde Moutier will nicht mehr zum Kanton Bern gehören. In Zukunft wird die kleine Stadt jurassisch. 54,9 Prozent der Einwohner haben für einen Kantonswechsel gestimmt. Weil noch eine Beschwerde hängig ist, wird allerdings ein Gericht den definitiven Entscheid fällen müssen.
Nach der Verkündigung des Ja zu einem Kantonswechsel ist auf dem Bahnhofplatz grosser Jubel ausgebrochen. Tausende Projurassier gaben ihrer Freude Ausdruck. Die Menschen lagen sich in den Armen, schwenkten Jura-Fahnen und hüpften.
Böller und Rauchpetarden hüllten den Bahnhof mit rotem Rauch ein. Überall in der Stadt waren Hupkonzerte zu hören.
Bereits 2017 hatten sich die Stimmberechtigten knapp für einen Kantonswechsel ausgesprochen. Doch wurde der Urnengang später von der Berner Justiz wegen Unregelmässigkeiten für ungültig erklärt.
Für die Wiederholung der Abstimmung an diesem Sonntag wurde ein beispielloser Aufwand betrieben. Der Bund spielte dabei eine Schlüsselrolle. Er verschickte die fälschungssicheren Abstimmungsunterlagen und überwachte am Sonntag die Auszählung vor Ort.
Gewinner nehmen Altstadt in Beschlag
Ob das Abstimmungsresultat diesmal Bestand haben wird, ist noch offen. Bis zuletzt gab es eine Polemik um das Stimmregister, nachdem bereits 2017 Vorwürfe zu Abstimmungstourismus laut geworden waren.
Die Gewinner der Abstimmung durften nach der Verkündung des Resultats die Altstadt in Beschlag nehmen. Die Stadtbehörden hatten sie aber aufgerufen, die Maskenpflicht zu respektieren und in Gruppen von maximal 15 Personen zu feiern. Die Maskenpflicht wurde aber schon am Nachmittag nur mässig eingehalten.
Bern-Treue nehmen Niederlage gefasst auf
Das berntreue Lager von Moutier hat gefasst auf die Abstimmungsniederlage reagiert. Steve Léchot, Sprecher des probernischen Komitees «MoutierPlus», bedauerte das Resultat – und beglückwünschte die Sieger.
Es sei zu hoffen, dass das Abstimmungsresultat Moutiers Separatisten Recht gebe, sagte Léchot in einer Rede im Forum de l'Arc. Die Abstimmungssieger müssten alle Einwohnerinnen und Einwohner Moutiers in diese neue Zukunft im Kanton Jura einbeziehen, so Léchot weiter.
Muriel Käslin, eine andere Sprecherin von «MoutierPlus», sagte, dieses Resultat bedeute das Ende der Jurafrage. Moutier habe damit seiner Umgebung Adieugesagt und werde sich im Kanton Jura zuerst einen Platz schaffen müssen. Der Respekt vor den politischen Gegnern werde der Schlüssel sein für eine erspriessliche Zukunft des Jurastädtchens, so Käslin weiter.
Jurassische Regierung will Übertritt von Moutier per 2026
Die jurassische Regierung geht davon aus, dass der Kantonswechsel von Moutier per 1. Januar 2026 vollzogen werden kann. Mit dem klaren Verdikt der Bevölkerung werde nun ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Jurafrage sei damit gelöst.
Regierungspräsidentin Nathalie Barthoulot zeigte sich vor den Medien in Delsberg «erleichtert und erfreut» über den «unangreifbaren» Entscheid.
Justizministerin Karin Keller-Sutter hat nach dem Ja von Moutier zum Kantonswechsel den demokratischen Prozess gewürdigt: Die Lösung der Jurafrage gehe als Beispiel für gelebte Demokratie in die Geschichte des Bundesstaates ein. Das erklärte die Bundesrätin am Abend in einem Communiqué vom Sonntagabend.
«Der heutige freie Entscheid der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ist der letzte Schritt, um die Jurafrage mit friedlichen Mitteln beizulegen.» Die Landesregierung nehme das Resultat der Abstimmung zur Kenntnis, heisst es im Communiqué weiter.
Die Berner Regierung bedauert, aber akzeptiert das Resultat der Abstimmung zur künftigen Kantonszugehörigkeit von Moutier. Das hat der Berner Regierungspräsident Pierre Alain Schnegg in einer ersten Reaktion gesagt.
Berner Polizei hielt sich zurück
Der Abstimmungssonntag ist aus Sicht der Berner Kantonspolizei «weitgehend friedlich» verlaufen. Dieses Fazit zog ein Polizeisprecher am Abend auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Mehrere Personen würden allerdings zur Anzeige gebracht. Ihnen werde unter anderem vorgeworfen, Sachbeschädigungen verübt und Feuerwerkskörper entzündet zu haben.
Auch mögliche Verstösse gegen die Corona-Schutzmassnahmen würden abgeklärt, sagte der Sprecher weiter. Abstandsregeln und Maskenpflicht wurden nach Beobachtungen von Reportern nur von einer Minderheit respektiert. Die Polizei griff aber nicht direkt ein.