Nachfrage sinkt: Stirbt der Emmentaler-Käse aus?

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

Seit Jahren ist die Nachfrage nach Emmentaler sinkend – jetzt steigt einer der grössten Produzenten aus. Ein Käse-Spezialist beklagt Qualitätsprobleme.

Emmentaler
Emmentaler ist nicht mehr der beliebteste Schweizer Käse. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Einer der grössten Produzenten stellt die Produktion von Emmentaler AOP ein.
  • Der Schweizer Käse-Papst kritisiert bei Nau.ch die Qualität des Emmentalers.
  • Der ausländische Markt bleibt schwierig, doch in der Schweiz hat der Löcherkäse Potenzial.

Per Ende April 2025 stellt Cremo die Produktion und Reifung der geschützten Käse-Sorte «Emmentaler AOP» ein. Grund dafür sind Sparmassnahmen beim zweitgrössten Schweizer Milchverarbeiter.

Doch: Die Einstellung der Produktion bei Cremo ist nur das jüngste Kapitel eines längeren Trends.

Die Nachfrage des ehemals beliebtesten Schweizer Käses ist seit Jahrzehnten rückläufig. Den Schweizerinnen und Schweizern munden andere Sorten, darunter insbesondere der Gruyère, besser.

Käse-Papst lästert über «Gummi-Emmentaler»

Einer, der weiss warum, ist Maître Fromager Rolf Beeler. Der Aargauer gilt als Käse-Papst der Schweiz und kennt die Herausforderungen der Traditionsmarke wie kein zweiter.

Beeler erklärt: «Emmentaler muss feucht gelagert werden und insbesondere lange reifen. Heutiger Emmentaler entspricht diesem Qualitätsanspruch häufig nicht mehr.»

Rolf Beeler
Käse-Papst Rolf Beeler sagt: «Emmentaler entspricht heute häufig nicht mehr dem Qualitätsanspruch.» - zvg

Er beklagt: «Stattdessen sieht man zu oft ‹Gummi-Emmentaler›. Das ist ein grosser Fehler.»

Darunter versteht der Käse-Experte nur für kurze Zeit gereiften Käse. Standardmässig ist milder Emmentaler-Käse nur vier Monate gereift, rezenter maximal acht Monate.

«Zu wenig», findet der Käse-Papst. «Ein so grosser Käse braucht 18 bis 24 Monate Reifezeit, im Minimum aber 12 Monate», sagt der Käse-Papst.

Das durchschnittliche Gewicht eines Laibs Emmentaler liegt bei 95 Kilo. Bei einem Gruyère sind es durchschnittlich nur 35 Kilo. Dementsprechend ist er schon bei kürzerer Reifezeit «chüstiger».

Auf Anfrage von Nau.ch zeichnet die Branchenorganisation Emmentaler AOP ein optimistischeres Bild.

Emmentaler bedauert Cremo-Aus

«Seit Anfang 2024 zeichnet sich ein leichter Aufwärtstrend und eine Stabilisierung bei den Inland-Verkäufen ab», sagt Direktor Urs Schluechter. Das Engagement der Sortenorganisation sowie der Milchbauern, Käser und Händler, die Käse-Werte und -Vorteile zu betonen, zeige Wirkung.

Im Ausland bleibe die Situation aufgrund des Währungsrisikos und der «Konkurrenzsituation von industriell gefertigtem Emmentaler oder Imitaten» schwieriger.

Cremo
Mit Cremo steigt der zweigrösste Schweizer Milchverarbeiter aus der Emmentaler-Produktion aus. - Cremo

Die Produktions-Einstellung bei Cremo nehme man mit Bedauern zur Kenntnis, so Schluechter.

«Emmentaler Switzerland analysiert diesen Entscheid. Und wird sich in den kommenden Wochen in den Gremien mit diesem Thema und dem weiter voranschreitenden Strukturwandel beschäftigen.»

Gleichzeitig verweist er darauf, dass auch Cremo den Emmentaler nicht vollständig aufgegeben hat. Der Milchverarbeiter aus Villars-sur-Glâne FR will den Käse nämlich auch in Zukunft vermarkten.

Urs Schluechter sieht für die Zukunft von Emmentaler ein «grosses Potenzial» – und verweist auf Innovationen.

Emmentaler gibt es jetzt auch als Bratwurst

So gibt es den Käse nun auch als hauchdünne Scheiben, als «Chäs-Knopf» im Brotregal oder als «Chäs-Griller» zum Brätle.

Bei Letzterem handelt es sich um weisse Würste – ausschliesslich aus Emmentaler-Käse.

Und: «In den nächsten Monaten werden nacheinander drei unterschiedliche Geschmacksvariationen auf den Markt gebracht.»

Käse-Papst Rolf Beeler überzeugt das nicht. «Das sind in meinen Augen keine Innovationen. Ähnliche Produkte gibt es bereits mit anderen Käsesorten.»

Und er sagt: «Es ist klar, dass sich die Nachfrage irgendwann auf einem tiefen Niveau stabilisiert.»

Das dürfe aber nicht der Anspruch sein. «Der Emmentaler hat eigentlich Potenzial für mehr», ist Beeler überzeugt.

Er plädiert daher für eine Rückbesinnung auf die Stärken der Schweizer Produktion: «In der Schweiz fressen die Kühe Heu und Gras – in der Schweiz wird der Emmentaler aus Rohmilch hergestellt. Das macht den Unterschied.»

Er schlägt vor: «Der Emmentaler könnte als gesundes Premiumprodukt aus Rohmilch und mit nachhaltiger Herstellung glänzen.»

Nur Schweizer Emmentaler wird mit Rohmilch produziert

Für Emmentaler-Käse aus dem Ausland erhalten die Kühe nämlich stattdessen Kraftfutter. Statt aus Rohmilch wird der Käse aus pasteurisierter Milch hergestellt.

Als positives Beispiel sieht er die zwölf Monate höhlengereiften Emmentaler von Emmi. «Das sollte zum Massstab werden und nicht der ‹Gummi-Emmentaler›.»

Magst du Emmentaler?

Doch auch Emmi verzeichnet eine leicht sinkende bis stabilisierende Nachfrage, wie Sprecherin Simone Burgener gegenüber Nau.ch bestätigt. Auch die Produktion sei in den letzten Jahren zurückgegangen.

«Als führende Herstellerin hochwertiger Milchprodukte in der Schweiz übernehmen wir Verantwortung für das gesamte Milchregal», betont sie.

Entsprechend halte Emmi – im Unterschied zum Mitbewerber – auch an der Herstellung von Emmentaler fest.

Mehr zum Thema:

Kommentare

User #6029 (nicht angemeldet)

Hm lecker die neuen Käsegriller werde ich gleich ausprobieren sobald in Deutschland verfügbar!🧀🧀🧀🧀🧀🧀

User #4920 (nicht angemeldet)

Kann man mit Käse die Lebenserwartung steigern?

Weiterlesen

käse
80 Interaktionen
Emmentaler
33 Interaktionen
Käse ukraine krieg
1 Interaktionen

Mehr aus Stadt Bern

Wetter
4 Interaktionen
Kaninchen krank Tierarzt
2 Interaktionen
Diebstahl Ladendiebstahl Ski Snowboard
47 Interaktionen
Beat Jans
107 Interaktionen