Natalie Rickli: Spitäler berichten von tieferer Sterblichkeit
Der Schweiz droht in Kürze ein Engpass an Spital-Betten. Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli informiert über die Lage im bevölkerungsreichsten Kanton Zürich.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Donnerstag gelten in der Schweiz verschärfte Massnahmen gegen das Coronavirus.
- Die Hospitalisierungen von Corona-Patienten steigen stark an.
- Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli stellt die Spital-Situation vor.
- Die Sterblichkeit und Spital-Aufenthaltsdauer sind tiefer als in der ersten Welle.
Experten warnen seit Wochen: Steigen die Fallzahlen des Coronavirus stark an, steigen verzögert auch die Spitaleinlieferungen. Nicht zuletzt deshalb hat der Bundesrat am Mittwoch landesweit schärfere Massnahmen verordnet.
Denn die Corona-Fälle steigen weiterhin rasant an, den Spitälern droht bei weiterem Wachstum der Kollaps. Am Freitag informiert Rickli mit mehreren Vertretern der Zürcher Spitäler, wie es um die Kapazitäten der Spitälern steht.
So rüsten sich Natalie Rickli und die Spitäler gegen die Patienten-Welle
Am Donnerstagnachmittag befanden sich gemäss Jürg Gruber, Abteilungsleiter Versorgungsplanung, 221 Corona-Infizierte in Spitalpflege, 20 mehr als am Tag zuvor. 26 Personen befinden sich auf der Intensivstation, 21 benötigen die künstliche Beatmung.
400 Spitalbetten seien derzeit im ganzen Kanton noch frei. «Diese stehen aber nicht nur Corona-Patienten zur Verfügung», betont der Versorgungsverantwortliche um Natalie Rickli. Elektive Eingriffe würden auch weiterhin noch durchgeführt.
Doch die Lage sei ernst. Die Hospitalisierungen hinken den Infektionen hinterher, in einer Woche müsse man mit 400, in zwei Wochen mit 800 Corona-Patienten rechnen.
Die Gesundheitsdirektion arbeitet eng mit den Spitälern zusammen und hat eine 3-Phasen-Strategie vorbereitet. In der aktuellen ersten Phase liegt die Verantwortung über die Kapazitäten bei den Spitälern. Sobald diese an die Grenzen stossen, wird bei Bedarf die zweite Phase aktiviert. In dieser geht es darum, die Ressourcen zwischen den Spitälern zu organisieren.
In der dritten Phase wird geprüft, ob man Patienten in andere Kantone oder gar Ausland transferieren kann. Gemäss Gruber könnte auch Personal aus dem Ausland geholt werden. Zudem prüft die Gesundheitsdirektion Konzepte für Notspitäler. «Das ist aber wirklich das Worst-Case-Szenario.»
Tiefere Sterblichkeit, kürzere Aufenthaltsdauer
Gregor Zünd, Vorsitzender der Spitaldirektion des Universitätsspital Zürich, stellt fest: «Wir haben in Vergleich zu ersten Welle eine deutlich tiefere Sterblichkeit und Aufenthaltsdauer der Covid-Patienten.» Man wisse deutlich mehr über das Virus und sie nur im Notfall auf die Intensivstation verfrachten. 10 Personen sind am Unispital in Intensivpflege.
Trotz allem: Bei einem grossen Ansturm lasse die Behandlungsqualität nach, «dann kann die Sterblichkeit wieder ansteigen», mahnt Zünd. «Wir übernehmen auch viele Patienten aus anderen Spitälern, die nicht zwingend wegen Covid im Spital sind, aber ebenfalls infiziert sind.»
Thomas Brack vom Spital Limmattal berichtet von 15 Corona-Patienten, drei in Intensivpflege. «Diese Zahl ist mehr oder weniger konstant.» Noch können die Spitäler im Normalbetrieb arbeiten, gemäss Brack ein grosser Vorteil.
Weiter lobt er die Koordination zwischen den Spitälern. Corona-Erkrankte und Intensiv-Patienten werden nach einem Verteilschlüssel proportional an die Spitalkapazitäten verteilt. Ist ein Spital also überlastet, übernimmt es nur die Erstversorgung und überweist den Patienten woanders hin.
In der ersten Welle seien gerade die Stadtspitäler stark belastet gewesen, resümiert André Zemp, Spitaldirektor der Stadtspitäler Waid und Triemli. Der Verteilschlüssel garantiere nun einen Ausgleich.
Zum Schluss spricht Rolf Zehnder, Spitaldirektor Kantonsspital Winterthur, über ein Sechs-Stufenmodell innerhalb des Spitals. Dieses orientiert sich an der Anzahl Patienten. Auch in Winterthur beobachtet man eine kürzere Aufenthaltsdauer der Corona-Patienten. Aktuell seien diese deutlich jünger als noch in der ersten Welle.
«Wir brauchen jetzt keinen Applaus für die Spitälern, sondern Disziplin aus der Bevölkerung!», appellieren die Spitalvertreter.