Nationalrat will zusätzliche Milliarden für Prämienverbilligungen
Der Nationalrat beschliesst einen Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative und will zwei Milliarden zusätzlich für Prämienverbilligungen aufwenden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat beschliesst einen Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative.
- Zusätzliche zwei Milliarden sollen für Prämienverbilligungen ausgegeben werden.
Bund und Kantone sollen die Krankenkassenprämien mit über zwei Milliarden Franken zusätzlich verbilligen. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat einen indirekten Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative beschlossen, mit dem auch die Ratslinke leben kann.
Nach sechsstündiger Debatte nahm die grosse Kammer am Donnerstag ein neues Modell zum Ausbau der individuellen Prämienverbilligung an. In der Gesamtabstimmung waren 119 Mitglieder dafür, 66 dagegen, 2 enthielten sich.
Grundsätzlichen Widerstand gab es nur von der SVP. Sie wollte nicht auf den Gegenvorschlag eintreten und lehnte ihn auch nach der Detailberatung ab. Die FDP war gespalten. Die Mehrheit von SP, Grünen, Mitteund GLP wollen die bestehende Prämienverbilligung um über zwei Milliarden Franken ausbauen.
Demnach sollen die Kantone mit einer Änderung des Krankenversicherungsgesetzes verpflichtet werden, einen minimalen Gesamtbetrag für die Prämienverbilligung einzusetzen. Sie sollen diesen Anteil selber festlegen können.
SP-Initiative will Versicherte stärker entlasten
Die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP geht weiter. Sie verlangt, dass Versicherte höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben müssen. Wird diese Grenze überschritten, müssten Bund und Kantone mit Prämienverbilligungen einspringen - der Bund zu mindestens zwei Dritteln.
Tiefere und zunehmend auch mittlere Einkommen könnten sich die Prämien kaum noch leisten, gab Mattea Meyer (SP/ZH) zu bedenken. Die durchschnittliche Prämienbelastung liege heute bei 14 Prozent des Einkommens. Bei bestimmten Personengruppen klettert die Belastung sogar bis auf zwanzig Prozent, rechnete Barbara Gysi (SP/SG) vor.
Das Problem verschärfe sich, Gysi verlangte, die Volksinitiative mit einem fixen Ziel zu unterstützen. Manuela Weichelt (Grüne/ZG) pflichtete ihr bei. Die Kantone bräuchten festgesetzte Ziele, ansonsten werde der Föderalismus bunte Blüten treiben, befürchtete sie. «Der Gegenvorschlag ist eine Kröte.»
FDP, Mitte und GLP sehen dies anders. Wie der Bundesrat empfehlen sie die Initiative zugunsten einer Gesetzesänderung zur Ablehnung. Zusammen mit der SVP, die in diesem Bereich gar nicht handeln möchte, war die Allianz gegen die Initiative breit.
Schliesslich wurde die Nein-Empfehlung zur Initiative mit 121 zu 67 Stimmen beschlossen. Das Volksbegehren berücksichtige lediglich die Prämienfinanzierung und enthalte keine Anreize zur Eindämmung der Gesundheitskosten, so die Meinung der Initiativgegner.
Gegenvorschlag erhält breite Zustimmung – nur SVP dagegen
Der Alternativvorschlag auf Gesetzesebene sei noch immer teuer, hielt Ruth Humbel (Mitte/AG) fest. Die Prämienverbilligung sei jedoch eine wichtige Massnahme für den sozialen Ausgleich. Auch die FDP sprach sich für den Gegenvorschlag aus.
Für Jörg Mäder (GLP/AG) ist der Gegenvorschlag der vorberatenden Nationalratskommission «in sich stimmig» und eine «echte Alternative zur Volksinitiative». Pierre-Yves Maillard (SP/VD) bezeichnet den Gegenvorschlag als «guten Kompromiss» und «Schritt in die richtige Richtung».
Ob dies auch der Ständerat so sehen wird, ist fraglich. Im Besonderen, da die Kantone mit dem Gegenvorschlag finanziell stärker in die Pflicht genommen würden. Durch den Gegenvorschlag dürften Bund und Kantone zusammen rund 2,2 Milliarden Franken zusätzlich aufwenden. Aktuell belaufen sich die Kosten für die Prämienverbilligungen auf rund fünf Milliarden Franken.
Nichts wissen von all dem will die SVP. Für Andreas Glarner (SVP/AG) ist das Modell der Prämienverbilligung «irreführend», weil es ausser massiven Kosten nichts gebracht habe. Die SVP will die Prämienzahlenden in die Pflicht zu nehmen
Die SVP plädierte stattdessen dafür, auch die Prämienzahlenden in die Pflicht zu nehmen. Es gebe «hunderte Möglichkeiten», um den steigenden Kosten im Gesundheitswesen entgegenzuwirken. Eine davon sei Selbstverantwortung.