Wie Jesus Christus verraten wurde – oder: Was wir heute feiern
Das Wichtigste in Kürze
- Was sich zwischen Palmsonntag und Gründonnerstag zugetragen haben mag, ist ein waschechter Krimi.
- Nicht nur die Römer, auch die eigenen Leute intrigierten gegen Jesus.
- Gleichzeitig wird er vom jüdischen Volk als Held gefeiert.
«Hosianna, gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!» So jubelt die Menge, als Jesus am Palmsonntag auf einem Esel nach Jerusalem kommt.
Das missfällt den römischen Herrschaften. Statthalter Pontius Pilatus kann einen «König von Israel» nicht dulden. Das ist direkte Konkurrenz aus der unterdrückten Minderheit der Juden. Doch es missfällt nicht nur ihm.
Missgunst bei den jüdischen Hohepriesstern
Ein Rabbi, der sich über alle anderen Rabbis erheben will? Jahwe, ihrem Gott, näher ist als alle? Näher gar als der Hohepriester?
Ein Wanderprediger, der Wunder vollbringt und die Massen hinter sich vereint? Der die Tempelkulte, mit denen sich gutes Geld verdienen lässt, verachtet – gar abschaffen will.
Das letzte Abendmahl
Seit dem Jahr 18 ist Kaiphas jüdischer Hohepriester von römischer Gnade. So lange hielt sich in Jerusalem bisher kaum einer an der Macht.
Geschickt sichert er seine Position durch Ansehen in der jüdischen Gemeinde und einer guten Beziehung zu Statthalter Pontius Pilatus. Beiden ist der Nazarener ein Dorn im Auge.
Jesus Christus erlaubt seinen Jüngern, am heiligen Tag des Sabbat Essen zu sammeln, wenn sie hungrig sind. Er vergibt Sündern und teilt seinen Tisch mit Frevlern. Das weckt besonders Kaiphas Misstrauen und Missgunst.
Judas, der Enttäuschte
Auch Judas war von Misstrauen zerfressen. Anders als die übrigen Apostel, stammt er nicht aus Galiläa, sondern aus Judäa. Er war wohl der einzige Intellektuelle unter den Gefolgsleuten von Jesus Christus.
Geizig sei er gewesen und machthungrig. Ein Dieb, bevor er zu den Aposteln stiess – weshalb Jesus gerade ihm die kleine Gemeinschafts-Kasse anvertraute.
Judas muss gehofft haben, Jesus würde die Juden endlich von der Herrschaft der Römer befreien. Ein jüdisches Reich auf Erden, hier, in Jerusalem. Nicht ein ungreifbares Himmelreich.
Er nennt Jesus «Rabbi», also Lehrer, niemals «Herr», wie das die übrigen Apostel tun. Die Jünger berichten von Spannungen zwischen Judas und Jesus.
Der Verrat an Jesus Christus
Am Mittwoch isst Jesus Christus zusammen mit seinen Jüngern bei Freunden. Danach salbt Maria Magdalena ihm mit einem wertvollen Öl den Kopf. Ohne es zu wissen, gibt sie Jesus die letzte Ölung. Judas allerdings sieht in dem Akt pure Verschwendung.
Warum verkauft Jesus das teure Öl nicht und spendet das Geld den Armen? Oder behält es für sich? Für den Freiheitskampf?
Judas beschliesst, dass er diesen Mann nicht weiter unterstützen will. Das jüdische Volk braucht einen Kämpfer, keinen Träumer.
Für dreissig Silberlinge verspricht er dem Hohepriester Kaiphas, ihm Jesus auszuliefern. Der Verrat muss bei Nacht geschehen.
Zu beliebt ist Jesus beim jüdischen Volk, als dass man ihn am hellichten Tage abführen könnte. Mit seinen Jüngern nimmt Jesus das letzte Abendmahl ein. Wäscht ihnen die Füsse, reicht Wein und Brot. Dann schleicht Judas sich davon.
Jesus und die verbliebenen Apostel ziehen sich für die Nacht in den Garten Gethsemane zurück.
Mitternacht ist vorüber, als Judas mit einer bewaffneten Kohorte den Olivenhain stürmt und Jesus durch einen Kuss verrät. Der Nazerener lässt sich ohne Widerstand abführen.
Lektüre zu Ostern
Jesus und Judas von Amos Oz. Eine gleichsam persönliche, wie kritische Betrachtung des israelischen Erfolgs-Autors. Jesus Christus – Die Biografie von Peter Seewald. Ein Reisebericht, der Bibel-Passagen mit historischen Fakten und aktuellen Gegebenheiten abgleicht.