Neuer Anlauf für Gummi-Füllung in Tramgleisen
Das Wichtigste in Kürze
- Um Velounfälle zu vermeiden sollen die Tramgleise mit einem Gummi aufgefüllt werden.
- Bereits seit fast vierzig Jahren versucht man vergeblich, das richtige Material zu finden.
- Aktuell wird in Basel ein vielversprechender Prototyp getestet.
Es gibt wohl kaum einen Velofahrenden, der beim Überqueren der Tramgleise nicht mindestens ein Unbehagen verspürt. Über 10 Prozent der Verunfallten, die im Notfall des Inselspitals Bern landen, stürzten wegen der Tramschienen. Dies geht aus einer Studie des Spitals für den Zeitraum zwischen 2012 und 2017 hervor.
Anders ausgedrückt, jeder 1000 Notfallpatient in Bern fällt in die Kategorie Tramgleis-Opfer. Doch ein Projekt in Basel lässt neue Hoffnung aufblühen. Eine nicht ganz neue Idee könnte Velofahrer zukünftig schützen: Gummi in den Tramschienen.
Projekte in den letzten zehn Jahren
Sowohl Bernmobil als auch die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) haben den Test mit Tramschienen für Velofahrende durchgeführt.
Das Prinzip ist immer das gleiche und wurde zum ersten Mal vor fast vierzig Jahren in Biel getestet: Die Schienen werden mit einem Gummi gefüllt, über das die dünnen Velopneus gleiten können. Das tonnenschwere Tram hingegen drückt das Gummi runter und fährt so gewohnt in der Schiene. Danach kehrt das elastische Gummi in seine Ausgangsform zurück.
Die Rückmeldung der Velofahrenden war beide Male durchwegs positiv. Doch die Lebensdauer der Gummifüllung war in beiden Fällen zu kurz. Die Kosten der Unterhaltsarbeiten machten das System wirtschaftlich untragbar.
In Zürich wird weiter getüftelt
Die VBZ geben nicht auf. Auf Anfrage bestätigen sie, mit der ETH zusammengespannt zu haben. «Eine technisch und wirtschaftlich vertretbare Lösung zu finden, gestaltet sich als äusserst komplex. Lösungsansätze sind vorhanden, aber bis jetzt scheiterte deren Umsetzung an der Wirtschaftlichkeit.»
Die getestete Strecke an der Haltestelle war 90 Meter lang. Die zusätzlichen Kosten für die gummigefüllten Schienen betrugen 415'000 Franken. Dazu kämen noch die Wartungskosten.
Für das gesamte Streckennetz würden sich die Kosten also auf Millionen belaufen.
Neue Hoffnung in Basel
Eine neue Hoffnung für Velofahrende keimt derzeit in Basel auf. Wie «Schweiz Aktuell» berichtet, testen die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) den nächsten Prototyp velofreundlicher «Drämmlischienen». Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung des in Zürich getesteten Systems.
Die ersten Ergebnisse aus Sicht des Velofahrers sind auch diesmal gut.
Philipp Schoch von Pro Velo Basel sagt: «Es ist toll. Man kann drüber Fahren, man merkt praktisch nichts. Man kann drauf bremsen.» Einzig im Kopf brauche es noch Zeit, um sich daran zu gewöhnen; Tramgleise und Velo würden kein gutes Duo abgeben.
Das sagt der Hersteller Dätwyler dazu
Das Unternehmen «Dätwyler» entwickelt seit fast acht Jahren die «Velogleise». Beim Industriekonzern ist man überzeugt, «eine Lebensdauer von über zwei Jahren zu bekommen.» Der Unterhalt sei auch schnell zu bewerkstelligen.
Man sei derzeit noch in der Findung der gesamten Kosten. «Rein vom Materialwert würde sich aber das Gleis auf den Meter im Preis verdoppeln.» Positive Effekte im Unterhalt würden sich jedoch über die Lebensdauer positiv in den Kosten niederschlagen.
Das aktuelle System sei gerade für den Bereich der Kreuzungen entworfen. An den Weichen könne es jedoch nicht eingesetzt werden. «Wir arbeiten auch an dieser Lösung,» versichert Dätwyler.
Der Abrieb des Trams am Gummiprofil sei vergleichbar mit einem bremsenden Auto. Auch sei die Basis des Elastomers ähnlich in der Zusammensetzung eines Reifens. Das System habe daher «keinen hervorhebenswerten Umwelteinfluss.»
Bern gibt eigene Entwicklung auf
Der Berner Verkehrsplaner Karl Vogel hofft auf den Erfolg der Versuche in Basel: «Wenn ein solches Produkt auf den Markt käme, würden wir es kaufen.» Eine aktive Entwicklung sei jedoch in Bern kein Thema mehr.
Auch Bernmobil bestätigt auf Anfrage von Nau, es würden keine Tests mehr in diese Richtung unternommen. «Wir stehen aber in regelmässigem Austausch mit den anderen Trambetrieben sowie auch mit der Industrie.»
«Wenn Velofahrer und Tramgleise aufeinandertreffen, gibt es keine andere Lösung. Man muss die Gleise auffüllen,» sagt der Berner Verkehrsplaner Karl Vogel. Darum werde bei neuen Projekten versucht, die Velofahrer mit Velowegen und Umfahrungen der Haltestellen von den Gleisen fernzuhalten.