Neuer Anlauf für Versuchsbetrieb mit E-Voting
Im Frühling 2022 starten drei Kantonen einen neuen Anlauf für den Versuchsbetrieb mit E-Voting. Es werden nur vollständig verifizierbare Systeme zugelassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Kantone sollen wieder Versuche mit dem umstrittenen E-Voting durchführen dürfen.
- Der Bundesrat hat vergangenen Freitag einen entsprechenden Entscheid gefällt.
- Im Frühling 2022 soll in St. Gallen, Thurgau und Freiburg ein Versuchsbetrieb starten.
Die Kantone sollen gemäss Bundesratsentscheid erneut Versuche mit E-Voting, der elektronischen Stimmabgabe, durchführen dürfen. Um Manipulationen auszuschliessen werden nur vollständig verifizierbare Systeme zugelassen. Im Frühling 2022 geht es in drei Kantonen los.
Den entsprechenden Entscheid über die Neuausrichtung des Versuchsbetriebs hat der Bundesrat am letzten Freitag gefällt. So erklärte der Bundeskanzler Walter Thurnherr am Montag an einer Medienkonferenz in Bern.
Erneuter Versuch in St. Gallen, Thurgau und Freiburg
Die Frage der Sicherheit von E-Voting werde zu Recht diskutiert, sagte Thurnherr. «Sie wissen, dass es hundertprozentige Sicherheit nicht gibt.» Der Bundesrat sei aber überzeugt, dass ein «vertrauenswürdiges» E-Voting realisierbar sei. «Das wird unsere Demokratie bereichern.»
Der Versuchsbetrieb wird in den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Freiburg starten. So ergänzte Barbara Schüpbach-Guggenbühl, Staatsschreiberin Kanton Basel-Stadt und Präsidentin der Schweizerischen Staatsschreiberkonferenz.
Schüpbach-Guggenbühl sei überzeugt, dass E-Voting ein Bedürfnis der modernen Gesellschaft sei. «Es geht wieder vorwärts mit dem E-Voting, und das ist gut so.» Die Kantone könnten aber die Kosten nicht alleine tragen, «hier müssen wir noch dringend Gespräche führen mit dem Bund».
E-Voting wies bisher Mängel auf
Im Juni 2019 hatte der Bundesrat entschieden, dass E-Voting vorläufig nicht als ordentlicher Stimmkanal eingeführt wird. Er hatte dies mit Sicherheitsproblemen begründet. Im Quellcode des Systems der Schweizerischen Post waren Mängel entdeckt worden, die auch das damals im Einsatz stehende System betrafen. Deshalb zog die Post ihr System zurück.
Ausserdem erklärte letztes Jahr auch der Kanton Genf, dass er sein System nicht mehr weiterentwickle und zurückziehe. Seitdem steht in der Schweiz kein E-Voting-System mehr zur Verfügung. Seit 2004 haben laut Angaben der Bundeskanzlei 15 Kantone über 300 Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durchgeführt.
Zulassung nur für vollständig verifizierbare Systeme
Mit der Neukonzeption ziehe der Bundesrat die Lehren aus der bisherigen Versuchsphase. So hiess es am Montag an der Medienkonferenz der Bundeskanzlei. Demnach soll der Bund künftig nur noch vollständig verifizierbare Systeme zulassen.
Prüfberichte und die Ergebnisse des E-Voting-Stimmkanals sollen veröffentlicht werden. Die Überprüfung der Systeme und von deren Betrieb durch unabhängige Fachpersonen soll direkt im Auftrag des Bundes erfolgen.
Bund strebt Open-Source-Lizenz an
Im Vordergrund der Neuausrichtung steht ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Ein durch die Zertifizierung verkörpertes Gütesiegel entfällt, heisst es im Schlussbericht zur Wiederaufnahme der Versuche. Für künftige Systeme und Systembestandteile strebt der Bund die Publikation unter einer Open-Source-Lizenz an.
Ausserdem sollen in der nächsten Phase des Versuchsbetriebs in den Kantonen höchstens 30 Prozent aller Stimmberechtigten zum E-Voting zugelassen werden. Auf nationaler Ebene sollen es höchstens zehn Prozent sein.
E-Voting gibt Sehbehinderten Hoffnung
Jeder Kanton soll weiterhin selber entscheiden können, ob er solche Versuche durchführen möchte. Auch die Beschaffung der Systeme soll weiterhin bei den Kantonen bleiben. Beim Bund bleiben die Regulierung und Bewilligung.
Der Schweizerische Blinden und Sehbehindertenverband äusserte sich am Montag erfreut über den Grundsatzentscheid zur Weiterführung des Versuchsbetriebs zu E-Voting. Für die rund 380'000 Menschen mit Sehbehinderung bedeute dies Hoffnung auf eine baldige autonome Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen.