«Nicht den Hauch einer Ahnung»: Experten empört über Rima-Aussagen

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann

Aegeri,

Marco Rima macht seinem Corona-Frust auf Facebook Luft. Doch ein Blick auf die Fakten zeigt: Der Komiker steckt ganz tief im Netz der Verschwörungstheorien.

Marco Rima Verschwörungstheorien Fake
«Ich weiss es nicht», sagt Marco Rima. Dennoch verpackt er in seinem neuesten Video Fake News und Verschwörungstheorien. - Facebook

Das Wichtigste in Kürze

  • Marco Rima sorgt mit einem Facebook-Video für Empörung.
  • Das Video enthält etliche Falschaussagen und Fake News.
  • Experten schrecken vor der Absurdität des Video-Inhalts zurück.

«Ich verstehe es nicht», sagt Marco Rima immer wieder: Der Schweizer Komiker und Schauspieler konnte in der Nacht auf Montag anscheinend nicht schlafen. Stattdessen nahm er ein Facebook-Video auf, in dem er sich den Corona-Frust von der Seele redete.

Dass der Komiker, der normalerweise vor Publikum auftritt, aufgrund der Pandemie-Massnahmen in einer schwierigen Situation steckt, ist nachvollziehbar. Dennoch entsetzt sein neuestes Facebook-Video: Rima steckt tief im Netz von Verschwörungstheorien und Fake News.

Experten gehen auf Distanz zu Marco Rima

Dem Comedian ist nicht etwa ein kleines Missverständnis bei den Zusammenhängen unterlaufen: Mehrere Corona-Experten hielten die Aussagen Rimas auf Anfrage zu haarsträubend, als dass sie diese berichtigen wollten.

Marco Rima
Marco Rima wettert gegen die Corona-Politik. - Facebook

Nicolas Drechsler, Mediensprecher des Unispitals Basel, nimmt seine Mitarbeitenden in Schutz. «Unsere Expertinnen und Experten sind vollauf damit beschäftigt, die Patientinnen und Patienten zu versorgen, die an dem Virus schwer erkrankt sind, das Herr Rima offenbar so belustigend findet.»

Unmengen an Falschaussagen

«Ich weiss es nicht», sagt Rima immer wieder. Auch wenn er seine eigenen Aussagen in Fragen verpackt: Schlussendlich betreibt der Komiker Stimmungsmache mit Falschaussagen.

«Der PCR-Test ist anscheinend für nichts», sagt Rima. Er spricht damit die Fehlerquote der Corona-Tests an. Diese sind jedoch genauer, als es viele Zweifler wahrhaben wollen. Die «Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien» hat dies ermittelt: Die Labore erkennen das Coronavirus mit einer Sicherheit von 98,9 bis 99,7 Prozent.

Labors Marco Rima
Die Labors in der Schweiz arbeiten unter Hochdruck, um rasch Ergebnisse bei den Tests auf das Coronavirus liefern zu können. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Natürlich gibt es weitere Faktoren wie den Test-Zeitpunkt, die die Ergebnisse verschlechtern. Doch selbst bei einer Test-Genauigkeit von 90 Prozent lassen sich klare Tendenzen erkennen: Die Positivitätsrate der Tests steigt in der Schweiz tendenziell an. Da die Fehlerquote jedoch, egal, wie hoch sie ist, konstant ist, lässt sich dies nicht auf verfälschte Tests zurückführen.

In einem Punkt hat Rima recht: Ein einzelner Corona-Test hat nur eine beschränkte Aussagekraft. Für die Beurteilung der epidemiologischen Situation bleiben die PCR-Tests jedoch essenziell.

Keine zweite Welle?

«Man wollte ja diese zweite Welle haben, die noch nie eine Welle war», findet der Komiker. Tatsächlich?

Abgesehen davon, dass wohl kaum jemand von steigenden Zahlen profitiert: Eine anrollende Welle zeichnet sich durch ein Steigen des Pegels an. Aufs Coronavirus bezogen heisst das, dass die Fallzahlen steigen – und das lässt sich nicht leugnen.

Politik und Wirtschaft würden vielmehr von niedrigen Zahlen profitieren – hier wurde in einigen Fällen auch getrickst. Im ganzen Meldesystem, bei den Kantonsärzten, in den Labors und beim BAG, gibt es keine Profiteure der steigenden Zahlen. Man kann also mit grosser Sicherheit davon ausgehen, dass weder beim Testen noch im Meldesystem die Zahlen absichtlich gefälscht werden.

Coronavirus Fallzahlen Marco Rima
Die Entwicklung der täglich gemeldeten Neuinfektionen seit Anfang Juli. Erkennen Sie die Welle, Herr Rima? - Keystone

Übrig bleiben die trockenen Zahlen. Die steigen seit Wochen an – genau wie bei einer Welle.

«Unterschied zwischen Atmen und Ejakulieren nicht ganz klar»

Das Problem der falschen Experten, der Vorteil des Endes der Tests, der wissenschaftliche Diskurs: Die Entkräftung sämtlicher Falschaussagen im sechs-Minuten-Video sprengt den Rahmen. Einmal wird es jedoch noch besonders absurd, als Marco Rima die Corona-Maskenpflicht mit einem Vergleich infrage stellt: «Wenn man an AIDS denkt, muss ich jetzt vorsorglich immer mit einem Kondom herumlaufen?»

Unispital-Mediensprecher Drechsler antwortet trocken: «Ihm scheint der Unterschied zwischen Atmen und Ejakulieren nicht ganz klar zu sein.»

Zuletzt hat Drechsler noch einen guten Tipp für den Comedian: «Mein Vorschlag lautet: Unsere Experten erklären Herrn Rima nicht, welche Witze beim Publikum ankommen und er verzichtet im Gegenzug darauf, Menschen, die sich seit Jahrzehnten mit Virologie und Epidemiologie beschäftigen, Ratschläge zu Dingen zu erteilen, von denen er ganz offensichtlich nicht den Hauch einer Ahnung hat.»

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