Patienten in Gefahr: Spital-Ärztin schuftet 32 Stunden am Stück

Antun Boskovic
Antun Boskovic

Engadin,

Das Arbeitsinspektorat stellt am Spital Oberengadin «krasse» Gesetzesübertretungen fest. Als Beispiel wird die Arbeitszeit einer Assistenzärztin genannt.

Assistenzäzrtin
Am Spital Oberengadin stellte das Arbeitsinspektorat fest, dass eine Assistenzärztin viel zu lange gearbeitet hatte. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schon 2022 deckte das Bündner Arbeitsinspektorat 1976 Verstösse am Spital Oberengadin auf.
  • Die Nachkontrolle von Ende 2024 zeigt kaum Verbesserungen auf.
  • Das Spital versichert, intensiv daran zu arbeiten, «diese Mängel zu beheben».

Das Personal des zweitgrössten Bündner Spitals arbeitet mehr als erlaubt. Laut dem «Beobachter» zeigen mehrere Berichte des Bündner Arbeitsinspektorats die Missstände im Spital Oberengadin auf.

Bis Ende Juli 2023 habe der Inspektor in seinem Bericht 1171 Verstösse aufgezählt. 2022 seien es sogar 1976 Verstösse gewesen.

Spital Oberengadin
Das Spital Oberengadin hat gegen die Arbeits- und Ruhezeitregeln verstossen. - Screenshot RTR

«Es wurden unzählige, unterschiedliche und teilweise gravierende Übertretungen der Arbeits- und Ruhezeitregeln festgestellt», schrieb er im Bericht von 2023. Von den Spital-Mitarbeitenden würden einige «unter bedeutenden psychischen Belastungen» leiden.

14 Stunden und 32 Stunden Dienst mit nur neun Stunden Ruhezeit dazwischen

Deshalb forderte der Inspektor die Betreiberin des Spitals damals auf, sofort Massnahmen zu ergreifen. Doch bei seiner Nachkontrolle Ende 2024 stiess er erneut auf «systematische Gesetzesübertretungen».

Als Beispiel einer «krassen Übertretung» nennt er im Bericht vom Dezember 2024 den Arbeitsplan einer Assistenzärztin. Die Frau sei durchgehend auf Pikett gewesen und habe manchmal «praktisch rund um die Uhr» gearbeitet.

So habe sie an einem Samstag 14 Stunden bis kurz vor Mitternacht gearbeitet. Nur neun Stunden danach habe sie wieder zum Dienst antreten müssen. Dabei habe sie dann von Sonntagmorgen bis am Montagabend 32 Stunden am Stück durchgearbeitet.

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Eine betroffene Person, die anonym bleibt, erzählt: «Wir haben uns für eine Stunde auf den Operationstisch gelegt, bevor es weiterging.» Da niemand als schwieriger Mitarbeiter gelten und seine Existenz im Tal aus Spiel setzen wolle, stehe niemand namentlich hin.

«Völlig überarbeitetes Personal ist eine Gefahr»

«Völlig überarbeitetes Personal ist eine Gefahr», sagt Pierre-André Wagner, Leiter Rechtsdienst des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachpersonen, dazu. Und ergänzt: «Ein Restaurant würde man innerhalb von 24 Stunden schliessen.»

Zu den Verstössen gehören laut Bericht: Massive Überschreitung der Höchstarbeitszeit sowie der Höchstgrenze der Überzeit, fehlende Ruhezeiten und Ruhetage, Probleme mit Piketteinsätzen und Nachtarbeitszeiten.

Bereits am 1. September 2023 hätten Mitarbeitende deswegen Alarm geschlagen. Sie hätten ihre Vorgesetzten darauf aufmerksam gemacht, dass Patienten dadurch gefährdet seien.

15 Vollzeitstellen mehr nötig

Mehrere Mitarbeitende haben demnach 2023 gekündigt. Der Zeitschrift zufolge haben mehrere Personen Burnouts erlitten.

Dementsprechend habe auch der Inspektor in seinem Bericht einen Personalmangel festgestellt. Gleichzeitig hätte die Betreiberin des Spitals, die Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin, mit finanziellen Problemen gekämpft.

Die Stiftung selbst habe aber erst vor einem Monat arbeitsrechtliche Probleme zugegeben. Ihr Fazit: Es brauche 15 Vollzeitstellen mehr, um die arbeitsrechtlichen Vorgaben einzuhalten.

Prisca Anand ist die neue Verwaltungsratspräsidentin des Spitals Oberengadin. Sie sagt gegenüber dem Radio und Fernsehen der rätoromanischen Schweiz (RTR): «Es ist nicht gut, dass so viele Mängel und Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Arbeitsgesetz festgestellt wurden.»

Personal findet sich nicht von heute auf morgen

Sie versichere aber, «dass wir intensiv daran sind, diese Mängel zu beheben». Doch das geschehe nicht von heute auf morgen. Als regionales Spital sei es schwierig, das notwendige Personal zu finden und die Arbeitsplanung durchzuführen.

Rudolf Leuthold, Direktor des Gesundheitsamts Graubünden, erklärt dem RTR: Die Situation aller Spitäler im Kanton sei schwierig. Zudem sei das Arbeitsrecht nicht an die Situation angepasst, wie sie in den peripheren Spitälern Graubündens vorherrsche.

Machst du dir Sorgen um die Existenz der kleineren Spitäler?

«Es ist zu wenig flexibel, es wird zu wenig der Saisonalität gerecht und den kleinen Leistungserbringern im Gesundheitswesen.» Für kleinere Spitäler mit Hoch- und Nebensaison sei es schwierig, Dienste zu planen und Personal zu finden.

Das Gesundheitsamt greife ein, wenn die Qualität der medizinischen Versorgung nicht mehr gewährleistet sei. Im Moment gebe es aber keine Meldungen über medizinische Probleme im Spital Oberengadin.

Kommentare

User #2573 (nicht angemeldet)

Überall wird am Personal gespart. Dann wundert man sich, dass es immer wie mehr Burnout Fälle gibt und höhere Gesundheitskosten. LOL.

User #5551 (nicht angemeldet)

Richtig für das werden Sie auch mit höhen Löhe bezahlt

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