Petition fordert Sturz von Pury-Statue in Neuchatel
In Grossbritannien ist die Statue eines Sklavenhändlers von wütenden Demonstranten entfernt worden. Eine Petition fordert in Neuenburg gleiches.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Petition fordert, dass die Statue von David de Pury in Neuenburg entfernt wird.
- Der Neuenburger «Wohltäter» soll am Handel von 55'000 Sklaven beteiligt gewesen sein.
«Black lives matter» – Die Wut ist gross, ob der ständigen Ungerechtigkeiten, welcher Schwarze und dunkelhäutige Menschen täglich ausgesetzt sind. Im Jahr 2020 sollte diese Diskriminierung doch längst ausgemerzt sein. Doch der Tod von George Floyd in Minneapolis hat dem institutionalisierten Rassismusproblem eine neue Brisanz verliehen.
Auch in Grossbritannien wird seit Tagen gegen Rassismus demonstriert. Dabei fiel eine Statue – ein «Symbol der Ungerechtigkeit» – den Unruhen zum Opfer. Demonstranten hatten die gut fünf Meter hohe Bronzestatue des Sklavenhändlers Edward Colston am Sonntag gestürzt.
Unter Beifallsbekundungen warfen sie ihn in den Fluss Avon. Ertränkt, wie es einst die Sklaventreiber mit den Kranken und Toten an Bord der Sklavenschiffe taten.
Edward Colston’s company transported more than 100,000 enslaved Africans across the Atlantic between 1672 and 1689. More than 20,000 died during the journey. Their bodies were tossed overboard. https://t.co/8Wrv1hqkSM
— Clint Smith (@ClintSmithIII) June 7, 2020
Denkmalsturz ist eine Straftat
Der Bürgermeister von Bristol, Marvin Rees, könne zwar die Straftat «nicht gutheissen», der Sturz der Statue sei aber kein Verlust. Für die Regierung hingegen ist es eine Straftat, die verfolgt werden müsse.
Zwar verstehe man «die starken Überzeugungen vollkommen. Aber in diesem Land regeln wir unsere Streitigkeiten auf demokratische Weise», betonte ein Sprecher von Premier Boris Johnson.
Der Denkmalsturz in Bristol hat nun auch eine Debatte über eine Statue in Neuenburg lanciert. Der 1709 in Neuenburg geborene David de Pury trug wesentlich zum Bau und der Verschönerung der Stadt bei. So sind etwa das Rathaus, ein ehemaliges Krankenhaus und diverse Schulen mit Geldern von de Pury gebaut worden.
Petition: «Wir wollen keine Sklavenstatuen mehr!»
Doch der «Wohltäter» von Neuenburg verdiente ein beträchtliches Einkommen aus dem Sklavenhandel. Der Bankier, Diamanten- und Sklavenhändler am portugiesischen Hof war schätzungsweise direkt oder indirekt mit dem Handel von 55'000 Sklaven beteiligt.
Dies schreibt das «Collectif pour la mémoire» in einer Petition. Diese verlangt von der Stadt, dem Kanton und dem Bund, dass die Bronzestatue von de Pury in Neuenburg ersetzt wird. Dafür soll eine Gedenktafel «zu Ehren all jener, die unter Rassismus und weisser Vorherrschaft litten und noch heute leiden», hin.
«David de Pury machte sein Vermögen dank des Sklavenhandels und seiner Ausbeutung. Als Bürger von Neuenburg und der Schweiz sind wir es uns schuldig, dies nicht zu vergessen», schreiben die Initianten.
Bis am Dienstagmittag wurden gemäss der Kampagnenplattform Change.org bereits rund 500 Stimmen für das Anliegen gesammelt.
Antwerpen entfernt Statue von König Leopold II.
Auch in Belgien ist eine Diskussion über die Rolle von Machthabern in der Kolonialzeit entbrannt. In der Stadt Antwerpen wurde nach Demonstrationen eine Statue von König Leopold II. entfernt.
#Antwerp authorities have removed a statue of colonial Belgian King Leopold II after the weekend’s #BlackLivesMatter protest. The campaign to remove all of them continues. #DRC #KingLeopoldII #Belgium pic.twitter.com/7Io5uAfcMK
— Jack Parrock (@jackeparrock) June 9, 2020
Unter seinen kolonialen Machtansprüchen in Zentralafrika wurde die einheimische Bevölkerung grausam misshandelt und ausgebeutet. Laut der Schätzung des Journalisten Adam Hochschild kamen dabei bis zu zehn Millionen Menschen ums Leben. Leopold II. verstarb 1909.