Pflegefach-Schülerin mogelt bei Ufzgi mit ChatGPT

Alexander König
Alexander König

Bern,

Eine angehende Pflegefachfrau mogelt sich durch die Schule. Deren Direktor gibt sich gelassen, doch der Patientenschutz zeigt sich besorgt.

ChatGPT Plus
Es nutze einen Exploit namens DAN, um in ChatGPT Texte zu erzeugen, die Vorgabe von OpenAI zu Hassreden umgehen sollen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine angehende Pflegefachfrau mogelt sich durch die Schule und packt bei Nau.ch aus.
  • Mittels KI erledigt sie Schulaufgaben in Sekundenschnelle.
  • Ein Schuldirektor beschwichtigt – der Patientenschutz bezeichnet es aber als «fatal».

Kathrin Küenzi* (27) macht die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau. Was viele nicht wissen: Bei Schulaufgaben mogelt sie sich mit der künstlichen Intelligenz ChatGPT durch. Ein Computerprogramm, das dazu imstande ist, auf Abruf Texte zu komplexen Themen zu generieren.

Küenzi erzählt: «Für einen Auftrag hatte ich einmal einen ganzen Tag Zeit. Dank ChatGPT war er in drei Minuten erledigt.» Selbstsicher schildert sie: Mitschüler hätten geschwatzt, während «ich mich durch die Zeitersparnis wichtigeren Pflege-Themen widmen konnte». Denn: Die Aufträge seien oft nicht prüfungsrelevant.

Angst davor, beim Bschiss erwischt zu werden, hat Kathrin nicht: «Das wird sowieso nicht kontrolliert.» Bei den von der KI generierten Texten hingegen braucht es mitunter Kontrolle: «Ich schaue die Texte auch mal durch, weil die KI hin und wieder Fehler macht

Machen Ihnen künstliche Intelligenzen Angst?

Ein schlechtes Gewissen hat die Schülerin ebenfalls nicht: «KI kann man im guten und im schlechten Sinn nutzen.» Bei der Diplomarbeit käme es ihr ohnehin nie in den Sinn, die KI zu verwenden. «Da habe ich zu grossen Respekt davor.» Doch diene der angehenden Pflegerin das Bschiss-Programm manchmal auch als Ideen-Bringer, gar als Lehrer-Ersatz.

Programm soll besser sein als die Lehrer

Kathrin erinnert sich: «Eine Lehrperson erzählte einmal offensichtlichen Blödsinn. Ich realisierte, dass da was nicht stimmt.» ChatGPT habe dann die richtige Antwort auf ihre Frage geliefert. «Für mich ist diese KI wie eine zweite Lehrperson, welche die Inkompetenz einiger Lehrer kompensieren kann», glaubt sie.

«Fehlendes Engagement seitens Lehrer», rechtfertigt sich Kathrin, sei für den Pflegeberuf so auch die viel grössere Bedrohung als KI.

Dem Patientenschutz machen solche Aussagen Sorgen. Auf Anfrage von Nau.ch hört man gar zum ersten Mal vom Bschiss-Programm. «Wenn das kein Einzelfall ist und mehr zur Regel wird, dann wäre das natürlich sehr problematisch.» Das sagt Geschäftsführerin Susanne Gedamke.

Denn: «Pflegefachpersonen sind die Berufsgruppe im Gesundheitswesen mit dem meisten und engsten Patientenkontakt. Sie tragen daher auch eine grosse Verantwortung.» Die Vorbereitung auf so einen Beruf sei sicher nicht mit einer künstlichen Intelligenz zu vereinfachen oder zu verkürzen. Gedamke: «Das wäre fatal.»

«Wer nichts lernt, wird bei Prüfungen durchfallen»

Anders Thomas Ruprecht, Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege. Er ist angesichts künstlicher Intelligenzen weniger besorgt: «Uns ist kein einziger Fall bekannt, in dem an Prüfungen mit einer KI gemogelt wurde.» Er verweist auf die hohen Qualitätsanforderungen: «Unsere Prüfungen sind stark fall- und reflexionsbasiert; das verkleinert das Risiko des Missbrauchs von KI im Moment noch.»

Schülerin Kathrin gibt er gewissermassen recht: «Nutzung und Missbrauch von KI sind zwei Paar Schuhe.» Man verfolge die Entwicklung von KI selbstverständlich. «Wir wollen einerseits die richtige Nutzung vermitteln und andererseits den Missbrauch von KI bei Prüfungen verhindern», so Ruprecht.

ChatGPT
Die künstliche Intelligenz ChatGPT wurde entwickelt, um Benutzern das Erstellen von natürlich klingenden Konversationen in Echtzeit in Form eines Chatbots zu ermöglichen. - Keystone

Kommt es trotz allem zum Missbrauch der KI, falle dies auf: «Wer seine Aufgaben konsequent mittels KI zu erledigen hofft und so dem Lernen ausweicht, wird voraussichtlich spätestens bei den Prüfungen scheitern.»

*Name der Redaktion bekannt

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