Politischer Graben zwischen den Geschlechtern nimmt zu
Unter jungen Menschen wird beim Wahlverhalten die Diskrepanz zwischen männlich und weiblich immer grösser. Der Feminismus spielt dabei eine grosse Rolle.
Das Wichtigste in Kürze
- Unter jungen Menschen gibt es laut einer Auswertung einen wachsenden politischen Graben.
- Immer mehr Männer positionieren sich rechts, während Frauen eher nach links tendieren.
- Grund dafür sei der Feminismus, genauso wie ein neues Verständnis davon, links zu sein.
Junge Frauen wählen links, junge Männer rechts – ist es wirklich so simpel? Eine von der «NZZ am Sonntag» in Auftrag gegebene Auswertung des Forschungsinstituts Sotomo suggeriert dies zumindest. Denn laut der Analyse identifizierten sich 2010 etwas mehr als 35 Prozent junger Frauen (18 bis 29 Jahre) als links. Heute seien es etwa 52 Prozent, knapp mehr als die Hälfte.
Obwohl es gemäss der Zahlen mittlerweile tendenziell auch mehr linke Männer gibt, ist der Anstieg im rechten Lager deutlich ausgeprägter. Waren es damals 29 Prozent, die sich innerhalb des rechten Spektrums einordneten, sollen es heute 43 Prozent sein. Bei den jungen, rechten Frauen ist seit 2010 in der Totalen weder ein Anstieg noch eine Verringerung zu erkennen.
Feminismus und eine neue Definition von «links»
Ein Grund für diesen sich auftuenden Geschlechter-Drift könnte der Feminismus sein, wie die Zeitung schreibt. Die Bedeutung, was es heisst, «links» zu sein, habe sich verändert. Früher sei der Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus alleinig im Vordergrund gestanden. Nun habe sich aber auch der Kampf gegen Rassismus und Sexismus da dazugesellt.
Im Gegenzug positionieren sich rechte Bewegungen und Parteien nun auch offen gegen diesen von ihnen selbst betitelten «Woke-Wahnsinn». Das Thema schwappt somit auch über auf andere Altersgruppen. Seit 2015 sei die Differenz zwischen Ja-Stimmen-Anteil der Männer und dem der Frauen sehr stark am Steigen.
Diskrepanz unter Geschlechtern wird bleiben
Diese Polarisierung wird wohl auch in der Zukunft bestehen bleiben, glaubt Michael Hermann vom Forschungsinstitut Sotomo. Er sagte der «NZZ»: «Egal ob bei Fragen der Vereinbarkeit oder den Grundwerten, die Spannungsfelder zwischen Männern und Frauen werden sich nicht einfach auflösen.»
Ein Beispiel hierfür ist laut Hermann die Wahl von Barack Obama zum US-Präsidenten. Trotz der Hoffnung, dass dadurch der Rassismus zum Erliegen kommen würde, war dem schlussendlich nicht so.