SBB lässt schwangere Lokführerinnen nicht arbeiten
Solange Mütter noch stillen, dürfen sie bei der SBB nicht im Führerstand sitzen. Weil ihnen so die nötigen Stunden fehlen, droht ihnen, die Lizenz zu verlieren.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SBB setzt keine schwangeren und stillenden Frauen als Lokführerinnen ein.
- Die Betroffenen müssen dann wegen fehlender Fahrpraxis allenfalls Prüfungen wiederholen.
- Es gibt Kritik – die SBB selbst beruft sich derweil auf die Sicherheit und die Hygiene.
Nach der Schwangerschaft so schnell wie möglich wieder in den Beruf einsteigen: Das funktioniert für die Lokführerinnen der SBB nicht.
Denn wie der «Beobachter» berichtet, lässt die Bundesbahn Frauen nicht in den Führerstand, solange sie noch stillen. Der Bericht beruft sich auf ein Merkblatt der SBB. Demnach dürfen die Frauen schon ab Bekanntwerden der Schwangerschaft nicht mehr arbeiten.
Die Bahn begründet das Verbot mit «Erschütterungsrisiken» – im Zug könne es zu «Vibrationen» kommen.
Beim Stillen und beim Abpumpen kommt dazu, dass ein ruhiger, sauberer Ort dafür nicht garantiert werden kann. Das Arbeitsgesetz verlange aber so einen Platz. Die Utensilien können beispielsweise nicht gewaschen und die Milch nicht gekühlt werden.
Lokführern hält SBB-Erklärung für «vorgeschoben»
Wenig mit dieser Begründung anfangen kann eine betroffene Lokführerin, die vom «Beobachter» zitiert wird. Diese Erklärung sei «vorgeschoben», findet sie.
Der SBB sei es einfach zu mühsam, entsprechende Bedingungen zu organisieren. Man hätte aus ihrer Sicht durchaus Pausenräume, wo man abpumpen könnte.
Sie selbst wollte nach der Geburt ihres Sohnes schnell wieder als Lokführerin arbeiten. Das sei aber – aus den bereits genannten Gründen – schwierig gewesen.
Und die Regelung hat für die Lokführerinnen Folgen.
Lokführerinnen droht Lizenz-Verlust
Ein Problem, das sich aus der erzwungenen Berufspause ergibt, ist nämlich die Frage der Lizenz. Denn Lokführerinnen brauchen 200 Stunden Fahrpraxis, um im Besitz der Fahrerlaubnis zu bleiben. Ansonsten müssen sie die praktische, oder je nach Fall sogar auch noch die theoretische, Prüfung wiederholen.
Eine mögliche Lösung wäre laut der betroffenen Lokführerin, die Frauen am Simulator fahren zu lassen. Auch hier zeige sich die SBB aber unflexibel.
Dazu komme, dass es irrelevant sei, wie lange man vor der Schwangerschaft schon als Lokführerin gearbeitet habe. Sie sagt: «Man muss sich unabhängig von der Erfahrung erneut beweisen, als ob man den Job noch nie gemacht hätte.»
So wird der Beruf der Lokführerin für Frauen kaum attraktiver. Dabei zieht er schon heute nicht gerade viele Frauen an: Bei der SBB sind nur rund 200 von 3000 Lokführerinnen und -führern weiblich.
SBB überarbeitet Merkblatt – Still-Regel bleibt
Die SBB will laut dem «Beobachter» das Merkblatt überarbeiten. Der Passus zu den stillenden Frauen bleibe allerdings gleich, denn das Arbeitsgesetz habe sich nicht geändert. Letztlich diene die Regelung dem Schutz von Schwangeren und Stillenden. Man wolle aber individuell nach Lösungen suchen.
Die Wiederholung von Prüfungen nach längerer Abwesenheit sei aus Sicherheitsgründen notwendig. Die Mindeststunden werden vom Bundesamt für Verkehr vorgegeben. Also sind der SBB hier ein Stück weit die Hände gebunden.