SBB: So dreist soll der Ex-CEO von Elvetino die Bahn abgezockt haben
In der Anklageschrift der Zürcher Staatsanwaltschaft wird klar, wie Wolfgang Winter die SBB abgezockt haben soll. Der Manager war CEO der Tochterfirma Elvetino.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ex-CEO von Elvetino, Wolfgang Winter, wurde vor sieben Jahren fristlos entlassen.
- Mit der SBB-Tochterfirma war er für über 100 Speisewagen und Bistros verantwortlich.
- Über Jahre soll der Manager die SBB jedoch abgezockt haben.
Wolfgang Winter erhielt vor sieben Jahren die fristlose Kündigung. Als CEO von Elvetino, einer Tochtergesellschaft der SBB, war er zuvor für über 100 Speisewagen und Bistros verantwortlich. Er verdiente dabei ein Gehalt von 240'000 Franken pro Jahr.
Doch anscheinend reichte ihm das nicht aus – er soll kriminell geworden sein, wie die «Tamedia»-Zeitungen nun berichten. Sie berufen sich auf die Anklageschrift der Zürcher Staatsanwaltschaft.
Nachdem Winter seine Position bei Elvetino im Dezember 2011 angetreten hatte, stellte er einen Freund als externen Berater ein. Dieser Freund war ein Experte für Logistik und ehemaliger Seemann, mit dem Winter seit drei Jahrzehnten zusammenarbeitete. Für seine Dienste kassierte dieser Berater 2500 Franken pro Arbeitstag.
In den ersten vier Jahren seiner Tätigkeit arbeitete der Berater tatsächlich für sein Honorar. Er lieferte beispielsweise den CEO-100-Tage-Bericht, welcher eigentlich von Winter selbst hätte geschrieben werden sollen.
Billige Gastroartikel aus China
Im Jahr 2016 geriet der externe Berater dann aber mit einem anderen externen Berater in Streitigkeiten. Winters Freund soll daraufhin die Arbeit verweigert haben, doch die Honorare flossen weiter. Insgesamt beliefen sich diese auf fast eine Million Franken über einen Zeitraum von sechs Jahren.
Es wird behauptet, dass Winter und der Berater im Jahr 2015 eine Vereinbarung getroffen haben. Demnach sollte Winter 20 Prozent des Honorars als Dankeschön zurückerhalten – entweder in bar oder als Überweisung auf sein Privatkonto. Die Zürcher Staatsanwaltschaft bezeichnet diese Zahlungen als «Kick-backs» und «Schmiergelder».
Winter und seine Komplizen verschwendeten die Gelder der SBB für Altherrenträume wie einen Fischerclub in Süddeutschland. Oder investierten ins ungarische Trüffelbusiness.
Die mutmasslichen Machenschaften von Winter gingen jedoch noch weiter: Er gründete mit einem alten Handballfreund eine Firma. Mit dieser soll er Gastroartikel aus China importiert und zu überhöhten Preisen an Elvetino weiterverkauft haben. Um seine Beteiligung an der Firma zu verschleiern, schaltete Winter einen Treuhänder ein.
Tochterfirma der SBB zahlte viel zu viel
Für das China-Geschäft soll der CEO von seiner zweiten Frau inspiriert worden sei. Bei ihr handelte es sich um eine Chinesin, die früher als Barista für die Tochtergesellschaft der SBB am Bahnhof St. Gallen gearbeitet hatte. Unter Winters Leitung stieg sie zur Kaderfrau auf und wurde später bei seiner Geheimfirma als Beraterin angestellt.
Elvetino kaufte aus unter anderem Salatzangen, Menühalter, Verschlussclips, Suppenteller und Kaffeebecher. Winters Importfirma soll die Produkte mit einem enormen Aufschlag an die SBB-Tochter weiterverkauft haben: Offenbar betrug die Bruttomarge 75 Prozent.
In der Schweiz wären die Produkte viel günstiger gewesen – und von besserer Qualität.
Viele der importierten Produkte waren jedoch minderwertig und unbrauchbar. Sie mussten hierzulande nachbearbeitet werden, was zusätzliche Kosten verursachte. Die Handelsfirma, an der Winter beteiligt war, war die einzige Gewinnerin: Sie soll mehr als 200'000 Franken verdient haben.
Winter soll sich zudem selbst Gehaltserhöhungen und Prämien aus dem Budget für Lohnerhöhungen genehmigt haben. Das steht eigentlich dem Verwaltungsrat zu.
Zudem soll er in vier Jahren 200'000 Franken mit seiner Firmenkreditkarte ausgegeben haben. Der CEO übernachtete offenbar in Luxus- statt Mittelklassehotels und flog in der Business- statt Economy-Klasse.
Im Mai vor Gericht
Im Sommer 2017 flog Winters mutmassliches Fehlverhalten auf: Nach einer Luxusreise nach China stellte er Spesen doppelt in Rechnung – bei seiner eigenen Firma und bei Elvetino. Dies führte zu internen Untersuchungen. Schliesslich stellte die SBB ihn im August desselben Jahres frei.
Sieben Jahre später steht der nun 67-jährige Winter im Mai in Zürich vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, Betrug und Bestechung an.