«Schnee-Tiefststand»: Der Februar ist so warm wie sonst der April
Das Wetter im Februar erinnert eher an den Frühling statt an den Winter. Laut Klimatologe Reto Knutti stehen gerade die tiefen Skigebiete vor Herausforderungen.
Das Wichtigste in Kürze
- An einigen Tagen lagen die Temperaturen im Februar bis zu 12 Grad über der Norm.
- Laut Klima-Experte Reto Knutti hat das für «extrem wenig Schnee in tiefen Lagen» gesorgt.
- Die künstliche Beschneiung in tiefen Lagen könnte an ihre physikalischen Grenzen stossen.
Seit Tagen knacken die Temperaturen in der Schweiz vielerorts die 10-Grad-Grenze. Im Tessin kletterte das Thermometer am Montag gar auf bis zu 20 Grad. Und dabei befinden wir uns derzeit eigentlich noch im tiefsten Winter.
Es ist erst Mitte Februar und bereits jetzt herrschen frühlingshafte Temperaturen. Spielt das Wetter verrückt – oder werden wir künftig immer wärmere Winter erleben?
«Wir befinden uns auf Rekordkurs. Es ist massiv zu mild», heisst es bei «Meteonews» auf Anfrage von Nau.ch zum Wetter im Februar.
«Die ersten drei Februarwochen waren deutlich zu warm. Und auch die letzte Woche dürfte nicht wirklich kalt werden.»
Wetter: Tagesmitteltemperatur an einzelnen Tagen deutlich über Norm
Daniel Köbele, Meteorologe bei «Meteoschweiz», ergänzt: «An einzelnen Tagen lag die Tagesmitteltemperatur lokal 10 bis 12 Grad über der Norm 1991–2020. Das Mittelland der Schweiz hat Februartage mit einer Wärme erlebt, die der Norm der ersten Aprilhälfte entsprechen.»
Dennoch seien milde und sehr milde Februarmonate seit der kräftigen Februarerwärmung ab den 1990er-Jahren nichts Ungewöhnliches.
Ausschlaggebend für die milden Temperaturen ist laut «Meteonews» unter anderem der überdurchschnittlich warme Atlantik. Dadurch erwärme sich auch die Atmosphäre. Laut Köbele gelange die sehr milde Luft mit der westlichen bis südwestlichen Strömung zum Alpenraum.
«Für kaltes Winterwetter bräuchte es Nordwest-, Nord- oder Nordostwetterlagen mit dem Zustrom von kalter Polarluft. Diese Wetterlage gab es im Februar bisher nicht», sagt Köbele.
Wetter: Schnee «auf einem Tiefststand für diese Jahreszeit»
Fast die ganze Schweiz habe unterdurchschnittlich viel Schnee, sagt Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich.
Die wenigen Ausnahmen seien im Osten, etwa in Davos und im Unterengadin. Knutti sieht ein Muster: durchschnittliche Schneemengen in hohen Lagen (2000–2500 Meter) und «extrem wenig Schnee in tiefen Lagen». Also unter 1500 Meter – «in allen Landesteilen». In den tiefen Lagen habe man heute einen «Tiefststand für diese Jahreszeit».
Knutti: «Der Grund ist klar: die extrem hohen Temperaturen in den letzten Wochen.»
Beim Wintersport führe dies primär in tiefen Lagen zu Herausforderungen. Die Nullgrad- und damit die Schneefallgrenze sei über die letzten 100 Jahre mindestens um 400 Meter gestiegen.
Die menschengemachte Erwärmung schreite voran, und der Schnee nehme ab. «Der Winter startet später und endet früher», sagt Knutti.
Und: «Während unsere Eltern auf 700 Metern noch Skifahren gelernt haben, ist heute alles unter 1000 Metern eigentlich unmöglich.» Diese Trends würden sich fortsetzen.
Die Beschneiung könnte an ihre Grenzen stossen
Dem könnten Skigebiete in tiefen Lagen mit Beschneiung zum Teil entgegenwirken. Diese sei heute schon normal: in der Schweiz zu rund 50 Prozent, in Österreich deutlich mehr. Damit könne man die Schneesicherheit deutlich verbessern.
Aber: «Wenn es zu warm ist, dann schneit man nicht mehr. Auch dort gibt es Grenzen der Physik, die man nicht überwinden kann», erläutert der Klima-Experte.
Mit viel Geld sei zwar einiges möglich. Doch «an vielen Orten wird die Frage sein, ob ein Betrieb noch wirtschaftlich ist. Weil die Kosten der Bahnen und Beschneiung sehr hoch sind und die Anzahl Gäste zumindest der Schweiz langfristig abgenommen haben.»