Schon Zwölfjährige verschicken Nacktfotos von sich
Das Wichtigste in Kürze
- In den letzten drei Jahren machten sich 54 Zürcher Jugendliche mit Sexting strafbar.
- Schon 12-jährige Mädchen fotografieren sich selbst nackt und verschicken die Bilder.
- Die Empfänger sind meist männlich. Viele Jungs leiten die Aufnahmen ungefragt weiter.
Sie wissen, dass sie sich mit dem Herstellen, Speichern sowie Verschicken von Nackt-Selfies strafbar machen – tun es aber trotzdem. Häufig sind es die jungen Mädchen, die sich hüllenlos fotografieren und die Bilder an Jungs versenden. Problematisch: Nur jeder vierte Empfänger behält die Fotos für sich. Auf diesem Wege geraten sowohl viele kinderpornografische Fotos als auch Videos in Umlauf.
In den letzten drei Jahren hat die Zürcher Jugendanwaltschaft gegen 54 Minderjährige wegen Sexting ein Strafverfahren eröffnet. Betroffen waren 34 Jungen und 20 Mädchen, berichtet der «Tages-Anzeiger» weiter. Der jüngste Beschuldigte ist ein 11-jähriger Knabe. Tendenziell sind die Mädchen aber jünger – über die Hälfte ist zwischen zwölf und 14 Jahre alt. Bei den Buben ist die grosse Mehrheit zwischen 14 und 17 Jahre alt.
Fast kein Mädchen schickt Fotos freiwillig
Mittels Befragungsprotokollen brachte die Oberjungendanwaltschaft des Kantons Zürich die Handlungsmotive der Teenager in Erfahrung. «Manchmal versenden die Mädchen die Bilder, weil sie glauben, ihr Freund wolle das», so die leitende Jugendanwältin Alexandra Ott Müller. «Sie handeln quasi voreilend.» Aus eigenem Antrieb mache aber kaum eines der Mädchen die Fotos.
Um an solche Bilder zu gelangen, drohen Jungs oft, Schluss zu machen, den Kontakt abzubrechen oder Aufnahmen, die sie bereits haben, zu verbreiten. Gegen diese Vorwürfe wehren sich manche Buben. Sie hätten lediglich um freizügige Fotos gebeten, von einer Drohung könne keine Rede sein. Eine 15-Jährige habe die banale Bitte «schick mer es Foti» eines 18-Jährigen wohl missverstanden und daraufhin Nacktfotos geschickt.
Ähnliche Folgen wie bei sexuellem Missbrauch
Gehen Nacktfotos von einem Mädchen erstmals im Netz umher, verliert sie das Ansehen im Kollegenkreis. Während sich die Mädchen für die Bilder schämen, zeigen – und verschicken – sie die Jungs stolz herum. Bitten, die Aufnahmen zu löschen, bleiben meist ungehört. Zehn Prozent der Empfänger sind Internetbekanntschaften; häufig landen die Fotos in Folge auf Kinderpornografie-Portalen.
Die meisten Teenager haben in der Schule über die Gefahren des Sexting gesprochen. «In der konkreten Situation wenden sie das Wissen nicht auf sich an», sagt Ott Müller. Die Folgen verdrängen sie. Gerade wenn es kein Strafverfahren gibt, seien die psychischen Folgen nicht zu unterschätzen. Ott Müller zieht den Vergleich zu sexuellem Missbrauch, der nicht aufgearbeitet wurde. «Die Bilder können jederzeit wieder auftauchen.»