Sind junge Leute schuld am Prämien-Schock?
Ein Experte wirft jungen Leuten vor, zu oft zum Arzt zu gehen. Dort müsse der Mediziner beweisen, dass sie nicht krank seien.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut einem Experten wollen junge Patienten oftmals alles abgeklärt und untersucht haben.
- Der Arzt müsse ihnen beweisen, dass sie gesund seien.
- Die Einstellung zum Thema Gesundheit sei ein gesellschaftliches Problem.
Um 6 Prozent steigen die Krankenkassenprämien durchschnittlich im nächsten Jahr. Dies teilte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider am Donnerstag mit.
Einer der Gründe dafür ist ein Phänomen, das sich bei den Jungen beobachten lasse. Dies sagt Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis der «Aargauer Zeitung». Sie würden oft wegen «diffuser Beschwerden» zum Arzt gehen. Deren Behandlung sei aufwendig, da es schwierig sei, die Ursache zu finden.
Zudem würden die jungen Patienten verlangen, dass alles abgeklärt und untersucht werde. «Der Anspruch ist heute, dass der Arzt beweisen muss, dass der Patient gesund ist», so Schneuwly. Gesundheit sei zu einer Konsumhaltung geworden. Doch diesen Anspruch zu versichern, sei unmöglich.
Ist die Bevölkerung wegen der häufigen Arztbesuche also selbst schuld an der Prämienerhöhung? «Absolut nicht», sagt Baume-Schneider gegenüber Nau. Es gebe eine Vielzahl an Gründen, unter anderem die Alterung und die Fortschritte in der Medizin.
Experte Schneuwly sieht auch eine Schuld bei der Politik: So senkten die Krankenkassen wegen politischen Drucks vor drei Jahren ihre Reserven. Dadurch stiegen die Prämien damals nicht so stark an.
«Kehrseite des ausgebauten Sozialstaates»
Nun aber müssen diese Reserven wieder aufgebaut werden. In der Folge stiegen die Prämien jetzt stärker als die Kosten. Schneuwly betont aber, dass die Reserveaufstockung unter dem Strich keine Kosten verursacht habe. Ohne wäre der Anstieg nicht so abrupt gewesen, sondern im Schnitt bei drei Prozent gelegen.
Er spricht auch die Eigenverantwortung an: «Wenn alles versichert ist, muss ich mich selbst nicht mehr darum kümmern.» Es gebe Kritik, dass die Krankenkassen zu wenig machen würden, um die Gesundheit zu fördern. Diesen Vorwurf finde er «schräg». Leute sollten sich auch um ihre Gesundheit kümmern, wenn niemand finanziell dafür aufkomme.
Schneuwly bezeichnet dies als die «Kehrseite des ausgebauten Sozialstaates». Die Schweiz habe bei der Einstellung zum Thema Gesundheit ein gesellschaftliches Problem.