Sissach BL: «Fuck SVP»-Schmiererei – ausgerechnet am Nebiker-Turm
Der Vandalismus am Gebäude der Unternehmerfamilie mit prominenten SVP-Vorfahren entstand vermutlich im Rahmen der Demo gegen Rechtsextremismus.
Das Wichtigste in Kürze
- In Sissach BL wurde Mitte April das höchste Gebäude der Zentrumsgemeinde beschmiert.
- Dort prangt seitdem der Schriftzug «Fuck SVP».
- Die Baselbieter Juso distanziert sich entschieden von diesem Vandalismus.
- Bei der Message sieht man jedoch keine Probleme. Die SVP bedrohe «fundamentale Rechte».
Prominenter könnte die Schmiererei kaum angebracht sein. Ganz oben am Nebiker-Siloturm in Sissach, dem höchsten Gebäude der Zentrumsgemeinde im Oberbaselbiet, prangt der Schriftzug «Fuck SVP».
Der Vandalenakt sorgt im Dorf nicht nur für Diskussionen, weil er schon von Weitem zu sehen ist, sondern auch wegen des Kontexts. Die Schmiererei ist zeitlich rund um die von der Baselbieter Juso organisierten Demonstration gegen Rechtsextremismus entstanden, die am 13. April in Sissach stattfand. Sogar bei der Jungpartei vermutet man einen Zusammenhang.
Gleichzeitig hat die Unternehmerfamilie Nebiker einen SVP-Bezug: Hans-Rudolf Nebiker, Sohn des Unternehmensgründers Hans Nebiker, war eine politisch bekannte und einflussreiche Figur. Er war unter anderem Nationalratspräsident und SVP-Fraktionschef.
«Nebiker würde sich zweimal im Grabe umdrehen»
Nebiker galt als liberaler Vertreter der Partei. Der frühere SVP-Kantonalpräsident Dieter Spiess sagte 2008 im «OnlineReports»-Artikel über den Tod Nebikers, der Politiker sei «eher konsensorientiert» gewesen und habe im Gegensatz zur heutigen Generation der SVP-Politiker «nicht gern Differenzen gehabt».
Die Juso-Demonstration in Sissach erfolgte noch vor der Präsidiumswahl der Baselbieter SVP, bei der den Parteimitgliedern je eine Vertretung des kommunikativ moderateren (Johannes Sutter) und des radikaleren Flügels (Peter Riebli) zur Verfügung stand.
Sollte sich die Botschaft gegen die extremen Tendenzen in der SVP richten, so haben sich die Randalierer am falschen Ort ausgetobt. «Hans-Rudolf Nebiker würde sich zweimal im Grabe umdrehen», kommentiert ein polit-affiner Zeitgenosse.
Paradox ist auch: Während die Kundgebung die Botschaft vermitteln wollte, dass sich rechtsextreme Strömungen ausserhalb der Rechtsstaatlichkeit bewegen, haben die Wandverschmierer selbst den Rechtsrahmen verlassen.
Anzeige eingereicht
Susanne Nebiker, Nichte von Hans-Rudolf und Geschäftsleitungsmitglied der Nebiker AG, versteht den Vandalismus aber nicht als Angriff auf die Familie, sondern führt ihn auf die Demonstration zurück: «Vielleicht haben diese Leute den Zusammenhang gar nicht gekannt.» Das Unternehmen hat Anzeige eingereicht, sagt Nebiker zu «OnlineReports».
Die Randalierer kamen wohl über das Baugerüst, das wegen einer laufenden Dachsanierung aufgebaut wurde, auf den Turm. Das Gerüst ist eigentlich geschützt – «aber wenn halt jemand unbedingt hoch will, schafft er es schon irgendwie», sagt Nebiker. Es erstaunt sie, dass die Verantwortlichen nicht erwischt worden sind, denn sie mussten sich womöglich vom Dach abseilen und brauchten sicher auch Licht.
Der Turm, der als Getreidelager genutzt wird, werde immer wieder verschmiert. Aber, dass dieser Fall speziell ist, bestätigt auch Nebiker.
Angel Yakoub: «Hinter diesem Inhalt kann ich stehen.»
Peter Riebli, der neue Präsident der Baselbieter SVP, hält sich auf Anfrage kurz: «A ist das eindeutig Sachbeschädigung, und B lasse ich mich nicht auf ein so tiefes Niveau herab. Das ist der ganze Kommentar.»
Ausführlicher spricht Angel Yakoub, die Präsidentin der Baselbieter Juso. Sie habe versucht, die Urheberschaft zu ermitteln, sei aber an keine Informationen gekommen. «Wir von der Juso verantworten diesen Schriftzug nicht und wissen auch nicht, wer dafür verantwortlich ist.»
Sie distanziere sich von der Sachbeschädigung, sagt Yakoub. Aber man müsse auch den Inhalt der Schmiererei beachten: «Der Schriftzug kann auch als Systemkritik verstanden werden, als Kritik an der ganzen Partei SVP, die einen Teil der Neuen Rechten darstellt. Und hinter diesem Inhalt kann ich stehen.»
Ja, hier seien Gesetze verletzt worden, aber das könne man nicht damit gleichsetzen, «wie die SVP fundamentale Rechte bedroht». Wenn die umstrittene Sissacher SVP-Politikerin Sarah Regez das Wort Remigration verwende «und damit die massenhafte Deportation von Ausländerinnen und Ausländern fordert», sei das nicht dasselbe wie eine Schmiererei, sagt Yakoub.
Die Diskussionen halten an. Und der Schriftzug auf dem Nebiker-Turm bleibt ebenfalls noch bestehen. Denn die eingesetzte Farbe könne nicht so leicht entfernt werden, sagt Susanne Nebiker. Sie sei daran, das Vorgehen abzuklären.
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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports.ch» publiziert.