Ski-Schwarzfahrerin packt aus: «Ich wurde paranoid»
Das Gebiet Verbier VS verdient 100'000 Franken mit Abo-Betrügern. Nun packt eine Ski-Schwarzfahrerin bei Nau.ch aus: «Ich wurde auf der Piste paranoid.»
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Das Wichtigste in Kürze
- Zuletzt sorgten Berichte über Abo-Betrüger auf den Pisten für Aufsehen.
- Nun packt Ski-Schwarzfahrerin Lena* bei Nau.ch aus. Sie benutzte einen fremden Magic Pass.
- Geniessen konnte sie die Skitage nicht: «Das werde ich nie mehr machen.»
- Magic Pass sagt, dass die Büro-Detektive weiter Fotos vergleichen – Betrug wird teuer ...
- Erwische man jemanden, so schicke man einen Brief mit Busse & Beweisfotos an den Inhaber.
Ob Glacier 3000, Leukerbad, Saas-Fee oder Mini-Gebiete wie Gurnigel und Rüschegg: Der Magic Pass ist aus der heutigen Ski-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Bald macht auch Gstaad mit.
180'000 Abonnements wurden diese Saison verkauft. Nicht alle Besitzer halten sich an die Spielregeln. Abos werden doppelt benutzt.
Bei Nau.ch packt jetzt die Schwarzfahrerin Lena G.* aus.
Sie gibt zu: Auch ich habe betrogen. Für zwei Tage hat die Skifahrerin den Magic Pass von einer Kollegin ausgeliehen.
Da ihr Betrug (noch) nicht aufgeflogen ist, wurde ihr Name für den Bericht geändert. Auch auf die Nennung des Ski-Gebiets wird verzichtet.
«Eines vorne weg: Ich schummle nicht gerne – schon in der Schule war ich immer viel zu nervös zum Spicken ...», sagt die Bernerin.
Weit über 100 Franken «gespart»
Die Gelegenheit war aber zu verlockend. «Wir durften für fünf Tage in die Wohnung von Freunden mit in die Skiferien. Eine von ihnen, Veronika R.*, reiste erst später an – und brauchte ihren Magic Pass an den ersten beiden Tagen nicht.»
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So wurde Lena gefragt, ob sie das Abonnement brauchen möchte. «Mit dem Magic Pass kann ich in zwei Tagen weit über 100 Franken sparen ...»
Lena steckt den Pass in ihre Skijacke. Was folgt, sind günstige, aber unentspannte Skitage.
Betrug-Alarm: An den Drehkreuzen werden Skifahrer fotografiert
«Am ersten Tag habe ich mich noch besser gefühlt. Den zweiten Tag konnte ich dann überhaupt nicht mehr geniessen.»
An der Talstation entdeckt Lena nämlich: Wenn die Drehkreuze passiert werden, ploppen auf den Bildschirmen der Mitarbeitenden jeweils Fotos der Skifahrer auf.
«Von nun an schaute ich immer, dass ich nur durchging, wenn die Häuschen leer waren. Und ich versuchte immer daran zu denken, meine langen Haare in Skijacke und Helm zu verstecken.»
«Ich war fast schon paranoid, wenn ich oben beim Sessellift ankam»
Trotzdem: «Ich war fast schon paranoid. Wenn ich oben beim Sessellift ankam, und gerade ein Lift-Angestellter telefonierte, dachte ich: Das ist bestimmt die Meldung, jetzt haben sie mich – gleich werde ich rausgepickt.»
Zuletzt sorgte eine Meldung aus Verbier VS für Schlagzeilen.
Der zum grössten Schweizer Skigebiet «4 Vallées» gehörende Ort (nicht beim Magic Pass dabei) verdient jährlich 100'000 Franken durch Schwarzfahrer. Täglich werden im Schnitt drei bis vier Personen mit fremdem Ski-Abo erwischt.
Besitzerin von Magic Pass: «Würde es nicht mehr machen»
Lena ist sich heute reuig – und vermutet, dass sie noch nicht «über den Berg» ist. «Ich habe noch immer ein ungutes Gefühl – werde ich im Nachhinein noch erwischt? Das mache ich nie wieder.»
Auch Veronika, die das Abo an Lena weitergegeben hat, äussert sich bei Nau.ch. «Ich habe das Abo gerne ausgeliehen, hatte aber von Beginn weg ein mulmiges Gefühl.»
Dennoch entschied sie sich dafür, sie wollte ihrer Kollegin etwas Gutes tun. «Seit ich von den Schwarzfahrer-Kontrollen gehört habe, ist für mich aber klar: Ich würde es nicht mehr tun, ich gebe das Abo in Zukunft nicht mehr weiter.»
Magic Pass löscht Bilder erst Ende Saison
Dass sich die Ski-Station noch die Mühe macht, sämtliche Fotos auswertet und Veronika im Nachhinein büsst? «Daran glaube ich eher weniger – wir haben wohl Glück gehabt», so ihre Hoffnung.
Allzu sicher sollten sich Lena und Veronika aber nicht sein. Die Angst vor dem Erwischt-Werden geht nämlich bis Ende Saison weiter.
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Magic-Pass-Sprecherin Elise Bétrisey bestätigt, dass an den Kontrollpforten bei jedem Durchgang ein Foto des Inhabers des Magic Passes aufgenommen wird. Die Bilder werden erst gelöscht, wenn die Saison zu Ende ist.
Büro-Detektive vergleichen – und schicken Betrügern Beweisfotos
Einerseits seien die Stationen berechtigt, selbst Kontrollen durchführen. Wird man – wie Lena – vor Ort nicht rausgenommen, heisst das noch lange nicht, dass man erfolgreich betrogen hat.
«Es werden auch Kontrollen in unseren Büros durchgeführt», verspricht Bétrisey. Diese erfolgten mehrmals pro Saison.
Was passiert, wenn ein Magic-Pass-Betrüger von den Büro-Detektiven erwischt wird? «Dann schicken wir einen Brief mit den Beweisfotos an den Gast.» Im Couvert wird sich auch eine saftige Busse befinden.
So teuer ist Schwarzfahren mit dem Magic Pass
Wie hoch diese ist, ist unterschiedlich. Die Busse fürs Betrügen mit dem Magic Pass beträgt mindestens 200 Franken. «Zusätzlich stellen wir dem Inhaber die Anzahl Tage in Rechnung, an denen in den Stationen betrogen wurde. Der Betrag beläuft sich auf den Tagestarif der Station.»
Damit ist die Sache aber noch nicht gegessen.
Der Magic Pass verliert nämlich seine Gültigkeit. Wenn die Bussen-Rechnung bezahlt ist, kann der Besitzer ihn wieder zurückkaufen. «Zum Erstverkaufspreis», so Bétrisey.
Die Busse erhöht sich also nochmals um bis zu 900 Franken. Frühbucher konnten den Magic Pass für 399 Franken kaufen. Der Normalpreis beträgt dann 899 Franken.
Und: «Im folgenden Jahr kann der Pass nur gekauft werden, wenn Kosten für die Kontrolle und alle betrogenen Tage bezahlt wurden.»