SP Schweiz will EU-Beitritt in mehreren Etappen
Die SP Schweiz hat sich am Parteitag in Basel für einen EU-Beitritt in mehreren Etappen ausgesprochen. Kritik daran gibt es auch von der Juso.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SP hat heute Sonntag ihren Parteitag in Basel-Stadt abgehalten.
- Dabei haben die Genossen über den SP-Fahrplan in der Europapolitik abgestimmt.
- Mit viel Zustimmung wurde ein Positionspapier zu einem EU-Beitritt in Etappen angenommen.
Die SP Schweiz wünscht einen EU-Beitritt in Etappen. Der Parteitag stimmte am Sonntag in Basel mit 293 zu 84 Stimmen bei 20 Enthaltungen einem Positionspapier zu. Dieses hält den Fahrplan der SP in der Europapolitik fest.
«Für die SP ist klar, dass ein gut ausgehandelter EU-Beitritt die beste Option bleibt», heisst es im Papier mit dem Titel «Aufbruch in ein soziales und demokratisches Europa». Ein vom Parteipräsidium eingesetzter Ausschuss hat es erarbeitet.
Schweiz soll sich EU wieder annähern
Das Papier schlägt als ersten Schritt eine Assoziierung vor. Diese soll in mehreren Schritten erfolgen. Als Erstes müsse die Schweiz nach dem Abbruch der Verhandlungen zum Institutionellen Abkommen im Mai 2021 kurzfristige «vertrauensbildende Massnahmen» ergreifen.
So schlägt die SP vor, dass sich die Schweiz in der europäischen Migrationspolitik solidarisch zeigt und deutlich mehr Flüchtlinge aufnimmt. Zudem solle sie höhere Kohäsionszahlungen entrichten.
Die Schweiz müsse zudem die wichtigsten Prinzipien der Europäischen Säule sozialer Rechte umsetzen. Dazu gehören unter anderem die Elternzeit, Durchsetzung der Lohngleichheit und Richtlinien zu den Mindestlöhnen. Zudem müsste in Absprache mit der EU in Sachen Steuerstandards anstreben. Im Papier ist von einem Mindestsatz für die Besteuerung gewinnbringender Unternehmen Rede sowie von einer Besteuerung multinationaler Konzerne dort, wo sie Gewinne erzielen. Zudem soll sich die Schweiz zu einer Kooperation bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bekennen.
Es braucht alle Parteien ausser die SVP
In einer folgenden Etappe könne die Schweiz ein «befristetes Stabilisierungsabkommen» mit der EU anstreben. Dieses soll eine Teilnahme an Forschungs- und Bildungsprogrammen wie Horizon Europe und Erasmus+ regeln. Ab 2023 seien Verhandlungen über ein Wirtschafts- und Kooperationsabkommen anzustreben.
In einer folgenden Etappe schlägt das Papier ein Europagesetz vor. «Um in einer Volksabstimmung bestehen zu können, muss eine Klärung der institutionellen Fragen von der klassischen Europa-Koalition, d.h. von allen Parteien ausser die SVP, getragen werden», heisst es weiter.
So ein Gesetz könne eine Europakoalition wiederherstellen und dem Bundesrat den Auftrag für die Verhandlungen mit der EU geben. In einem nächsten Schritt sei der EU-Beitritt in Form eines Beitrittsgesuchs aufzugleisen. Eine konkrete Jahreszahl für dieses Ziel wird auf Wunsch entsprechender Änderungsanträge am Parteitag nicht genannt.
Juso empfiehlt Ablehnung
Die Verabschiedung des Europapiers sorgte am Parteitag im Congress Center Basel für eine lange Diskussion. Unter anderem äusserten sich Vertreterinnen und Vertreter der Jungpartei kritisch. Mirjam Hostetmann (Juso) legte dem Parteitag vor der Schlussabstimmung nahe, das Papier abzulehnen.
Ein EU-Beitritt mit Abstrichen sei nicht der einzige gangbare. Hostetmann sprach von einer «unkritischen Haltung» gegenüber der Flüchtlings- und Liberalisierungspolitik in der EU. Ein Anliegen der Juso sei es gewesen, rote Linien zu definierten, um zu den sozialdemokratischen Grundwerten zu stehen.
SP-Nationalrat und Vizepräsident Jon Pult hingegen empfahl das Papier zur Annahme und sagte, es gehe nicht darum, unter allen Umständen und bedingungslos beizutreten. «Wir negieren im Papier überhaupt nicht, dass es auch Nachteile und Herausforderungen gibt», sagte Pult. So etwa beim Service Public und der direkten Demokratie. Dennoch sei es wenig sinnvoll, hier «starre rote Linien» festzulegen. Die Anwesenden folgten nach mehrstündiger Erörterung des Papiers schliesslich dem SP-Präsidium.