St. Galler Sozialhilfebezüger wohnen meist in der Stadt
Jeder dritte St. Galler Sozialhilfebezüger wohnt in der Stadt – entsprechend hohe Kosten muss sie stemmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Drittel aller St. Galler Sozialhilfebezüger lebt in dem Kanton in der Stadt.
- Ein Experte spricht von grösserer Anonymität und günstigeren Mietwohnungen.
- Ausserdem gebe es ein umfangreicheres Beratungs- und Unterstützungsangebot.
Im Jahr 2023 erhielten in der Stadt St. Gallen 3119 Personen Sozialhilfe, während es im gesamten Kanton 9930 Menschen waren. Damit lebt nahezu ein Drittel der Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger des Kantons in der Stadt. Die Sozialhilfequote lag in der Stadt bei 4,1 Prozent und im Kanton bei 1,9 Prozent. Die Stadt muss in der Sozialhilfe jährlich rund 23 Millionen Franken stemmen.
Diese Zahlen werden von Heinz Indermaur, Leiter Soziale Dienste der Stadt, gegenüber dem «Tagblatt» bestätigt. Laut dem Experten handelt es sich um ein schweizweites Phänomen, dass die Sozialhilfequote in den Städten höher ist als in kleinen Gemeinden.
Er erklärt dies mit der grösseren Anonymität in der Stadt, da der Bezug von Sozialleistungen häufig als belastend wahrgenommen wird. Zudem nennt er die unterschiedliche Zusammensetzung der Bevölkerung sowie das umfangreichere Beratungs- und Unterstützungsangebot in der Stadt als Gründe. Ein weiterer Faktor sei das ausreichende Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen in St. Gallen.
«Jeder Mensch kann in die Sozialhilfe geraten«
Indermauer hält in dem Bericht fest, dass Armut nach wie vor von vielen Menschen mit Vorurteilen behaftet ist. Die Gesellschaft neige dazu, individuelles Versagen als Ursache anzusehen. Davon müsse man jedoch abrücken, meint er: «Jeder Mensch kann in die Sozialhilfe geraten – sei es durch Verlust der Arbeitsstelle, Krankheit oder einen Schicksalsschlag.»
Zu den grössten Risikofaktoren zählen laut Indermaur der Bildungsstand, die Familiensituation und das Alter. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen wider: In der Stadt St. Gallen sind fast ein Drittel der unterstützten Personen Minderjährige. Zudem ist nahezu ein Viertel der Alleinerziehenden auf Sozialhilfe angewiesen.
Knapp zwei Drittel der unterstützten Erwachsenen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Mehr als ein Viertel steht zwar in einem Arbeitsverhältnis, doch der Verdienst reicht nicht aus, um den Lebensunterhalt zu decken. Auch der Anteil an Menschen, die krank sind oder sich in einem Verfahren mit der Invalidenversicherung befinden, ist hoch.
Rückläufiger Trend in der Stadt St. Gallen
Indermaur beobachtet in der Sozialhilfe einen leicht rückläufigen Trend. In der Stadt St. Gallen sank die Quote innerhalb von fünf Jahren von 4,5 auf 4,1 Prozent. Dies führt er auf die stabile wirtschaftliche Lage zurück.
Zudem sei es den Sozialen Diensten in letzter Zeit gelungen, «Personen nachhaltig aus der Sozialhilfe abzulösen». Im Jahr 2023 wurden 661 Dossiers abgeschlossen, während im selben Zeitraum 550 neue Dossiers hinzukamen.
Dadurch ist die Zahl der finanziell unterstützten Personen insgesamt gesunken. Gleichzeitig stieg jedoch die Anzahl der Beratungen am Schalter. «Damit kommen wir unserer Rolle als zentrale Anlaufstelle für hilfesuchende Personen nach», so Indermaur. Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Unterstützung.
Zugleich habe die Zahl der Personen zugenommen, die über einen längeren Zeitraum Sozialhilfe beziehen. Viele von ihnen seien aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar.