Staatsverweigerer werden in der Schweiz verstärkt wahrgenommen
Staatsverweigerer werden in der Schweiz verstärkt wahrgenommen – insbesondere seit der Corona-Pandemie.
Das Wichtigste in Kürze
- Staatsverweigernde Gruppen sind in der Schweizer besser wahrnehmbar.
- Zahlen zu sogenannten Staatsverweigerern gibt es bisher jedoch nicht.
Die Razzien gegen sogenannte Reichsbürger in Deutschland haben ein Schlaglicht auf staatsverweigernde Gruppen in der Schweiz geworfen. Sie sind laut Einschätzung der Polizeibehörden lauter und öffentlich wahrnehmbarer geworden, vor allem seit der Corona-Pandemie.
Ob diese Gruppierungen in der Schweiz im Zuge der Pandemie auch einen zahlenmässigen Zulauf erhielten, sei jedoch nur schwer abzuschätzen. Das sagte ein Sprecher des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zahlen oder Schätzungen zu sogenannten Staatsverweigerern seien in der Schweiz bisher keine erfasst worden.
Fälle von Staatsverweigerern sorgten hierzulande immer wieder für Aufsehen. Im April 2023 hatte sich ein Angehöriger des selbsternannten «indigenen Volks der Germaniten» erfolglos gegen eine Lohnpfändung durch das Betreibungsamt des Bezirks Frauenfeld TG gewehrt. Er war mit seiner Beschwerde beim Thurgauer Obergericht und beim Bundesgericht abgeblitzt.
Die Bewegung der «Germaniten» wurde vor rund 15 Jahren in Deutschland gegründet. Ihre Mitglieder lehnen den Staat und dessen rechtliche Hoheit ab und weigern sich zum Teil, Steuern oder Bussen zu bezahlen. Mit ihrer Staatsablehnung gleichen die «Germaniten» der Bewegung der «Reichsbürger».
Terroristische Bewegung
«Reichsbürger» erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. In eigenen Verwaltungsstrukturen stellen die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter unter anderem «Reichsführerscheine», «Reichsgewerbescheine» und «Reichspässe» aus, um sich so den Strukturen der Bundesrepublik zu entziehen.
Die Bewegung wurde in Deutschland als terroristisch eingestuft. Dort umfasste die staatsverweigernde Gruppierung gemäss Schätzungen der deutschen Generalbundesanwaltschaft zum Ende der Pandemie rund 23'000 Angehörige.
Ende März 2023 waren im Kanton St. Gallen Hausdurchsuchungen bei zwei mutmasslichen Anhängern der Reichsbürgerbewegung durchgeführt worden. Gegen die Beschuldigten wurde ein Strafverfahren wegen Verdachts auf Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Organisation durch die Bundesanwaltschaft (BA) eröffnet.
Die deutschen Behörden führten zeitgleich landesweite Durchsuchungen gegen mutmassliche «Reichsbürger» durch. Insgesamt wurden in acht deutschen Bundesländern und in der Schweiz mehr als 20 Objekte durchsucht.
In der Schweiz existiere im strafrechtlichen Sinne keine Definition für staatsverweigernde Menschen oder Anhänger der «Reichsbürger», hiess es bei der BA auf Anfrage. Dabei handle es sich um nicht-juristische Sammelbegriffe, deren Definition nicht eindeutig ausfalle.
Die BA beurteile Sachverhalte ausschliesslich anhand strafrechtlich relevanter Gesichtspunkte, beispielsweise aufgrund des Verdachts der Beteiligung oder Unterstützung einer terroristischen Organisation.