Staunen: Darum gibt es Meersalz «hergestellt in der Schweiz»
Die Künstlerin «Frölein Da Capo» stösst im Supermarkt auf Meersalz aus der Schweiz. Wie kann das bitte sein?
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Das Wichtigste in Kürze
- Angebliches Schweizer Meersalz sorgt für amüsante Diskussionen auf Facebook.
- Stammt das Meersalz aus dem ehemaligen Ur-Meer, das die Schweiz einst überzog?
- Nau.ch begibt sich auf Spurensuche.
Hat die Schweiz neuerdings einen Meeranschluss?
Die Willisauer Künstlerin «Frölein Da Capo» (45, bekannt aus «Giacobbo/Müller») staunt. Sie kriegt ein Meersalz-Beutelchen «hergestellt in der Schweiz» in die Finger.
Den erstaunlichen Fund teilt sie auf Facebook und schreibt dazu augenzwinkernd: «Und da wurde jahrelang behauptet, wir seien ein Binnenland. Hätt ich das mal eher gewusst.»
Damit entbrennt eine Diskussion: Über 460 Kommentare zählt der Post, über 180 Mal wurde er geteilt.
Die Spekulationen laufen heiss. Eine Userin witzelt: «Das sind die Sedimente der Nudelwasser-Pipeline. Die von den Römern vom Mittelmeer über mehrere Hebe-Viadukte bis in die Schweiz verlegt wurde.»
Ein anderer Fan schreibt: «Wir haben schon ein Meer ... das Nebelmeer.»
Es war einmal ein Ur-Meer in der Schweiz!
Doch nicht wenige kramen die Geschichtsbücher hervor. Sie verweisen darauf, dass das Gebiet der heutigen Schweiz vor über 200 Millionen Jahren von einem Ur-Meer bedeckt war.
Das Salz verdunstete und lagerte sich in der Schweiz ab. Daher stammt das Schweizer Salzvorkommen, aus dem heute Kochsalz gewonnen wird.
Doch darf man das wirklich als Meersalz bezeichnen?
Nau.ch hakt bei den Schweizer Salinen nach. Diese lösen das Salz aus den Steinsalzschichten unter der Erde und bringen es in den Verkauf.
Salz-Sprecher Frank Butz stellt klar: «Meersalz aus der Schweiz gibt es nicht. Meersalz, das in der Schweiz erhältlich ist, wird importiert.»
Weitere Angaben, warum das Meersalz-Beutelchen «hergestellt in der Schweiz» sein soll, kann er nicht machen.
«Frölein Da Capo» stolperte im Coop über Meersalz-Beutel
Also fragt Nau.ch bei «Frölein Da Capo» nach, wo sie denn den 3-Gramm-Beutel gekauft hat.
Und die Künstlerin verrät: Es handelt sich um ein Zusatzsäckli in einem Fertig-Edamame-Snack, erhältlich im Coop. Edamame sind unreif geerntete Sojabohnen und eine beliebte Zutat in der asiatischen Küche.
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«Da Capo», als Einfrauorchester mit Mundartliedern unterwegs, hat der salzigen Kuriosität inzwischen eine Kolumne in der «Schweizer Familie» gewidmet. Dort fasst sie die Facebook-Spekulationen süffisant zusammen.
Ein Auszug: «Ausgerechnet auf Facebook, dem Medium vom Zuckerberg, ging es besonders gesalzen zu und her. Einige schlugen sich dort digital die Hand vor die Stirn und fanden, ob denn hier alle keine Ahnung hätten? Jedes Salz sei dänk ursprünglich aus dem Meer.»
Doch eine Antwort auf das Meersalz-Rätsel findet sich in den Facebook-Spekulationen nicht. Da hilft nur der Hersteller – nach einer entsprechenden Nau.ch-Anfrage.
Sushi-Marke lüftet Salz-Geheimnis
Hinter der Sushi-Marke Zenbu, unter der das Muki-Edamame verkauft wird, steckt die Firma Two Spice.
Das Marketing-Team schreibt zunächst: «Es freut uns zu hören, dass wir auch prominente Persönlichkeiten zu den Zenbu-Kunden zählen dürfen.»
Und dann kommt die grosse Enthüllung: «Für den Meersalz-Beutel ist die Angabe Schweiz zurückzuführen auf die Abfüllung, die in der Schweiz stattfindet.»
Doch ist diese Angabe korrekt?
Die Antwort lautet: Nein!
Gesetz versalzt Hersteller die Suppe
«Meersalz ist ein mineralisches Erzeugnis», erklärt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) gegenüber Nau.ch. Demnach ist für mineralische Erzeugnisse laut Gesetz der Ort der Gewinnung bestimmend für die Herkunft.
«Die Abfüllung ist nicht bestimmend für die Herkunftsangabe. Die Angabe Schweiz bei Meersalz wäre also nicht korrekt», hält das BLW fest.
Nach erneuter Anfrage durch Nau.ch sieht das auch Two Spice ein: «Wir haben dies intern besprochen und teilen natürlich die Einschätzung des BLW.»
Man werde nun beim Schweizer Lieferanten eine Anpassung verlangen, heisst es.
Also bleibt die Schweiz zwar ein Binnenland – aber immerhin mit einer florierenden Meersalz-Abfüllindustrie. Bald auch ganz konform mit dem Markenschutzgesetz, das die Swissness-Regeln bestimmt.