Steht an Weihnachten die Corona-Polizei in meiner Stube?
Das Wichtigste in Kürze
- Auch an Weihnachten gilt die Obergrenze von zehn Personen bei privaten Treffen.
- Die Polizei kann dies unter gewissen Umständen kontrollieren.
- Praktisch sehen die Kantonspolizeien aber keine aktiven Kontrollen vor.
Seit den neusten Corona-Massnahmen vom Freitag ist klar: Private Treffen mit über zehn Personen sind verboten – auch an Weihnachten. Für so manche Familie fällt das alljährliche Fest mit der Verwandtschaft deshalb ins Wasser.
Nur: Kann überhaupt jemand kontrollieren, wie viele Menschen sich um den Christbaum versammeln? Technischer ausgedrückt: Darf die Polizei unangemeldete Kontrollen in der Wohnung von Privatpersonen machen?
Keine aktiven Kontrollen vorgesehen
«Ja, aber», lautet die Antwort von verschiedenen Kantonspolizeien auf Anfrage von Nau.ch. Die Luzerner Polizei schreibt etwa: «Ja, dies ist gemäss Luzerner Polizeigesetz unter Umständen möglich.» Doch aktive Kontrollen bezüglich der Covid-19-Verordnung stünden nicht im Vordergrund, schreibt die Polizei weiter.
Laut der Kantonspolizei Zürich seien unangemeldete Wohnungskontrollen im Zusammenhang mit der 10er-Regel nicht vorgesehen. «Die Kantonspolizei Zürich nimmt nach eigenen Feststellungen oder Meldungen aus der Bevölkerung entsprechende Kontrollen vor und reagiert mit Augenmass.»
Bei der Kantonspolizei Bern tönt es ähnlich: «Es ist nicht vorgesehen, in Privaträumlichkeiten systematisch Weihnachtsfeiern oder andere Treffen zu kontrollieren. Das wäre nach unserem Dafürhalten auch nicht verhältnismässig.» Bei Feststellungen, dass die Vorgaben möglicherweise nicht eingehalten würden, oder bei entsprechenden Hinweisen, gehe die Polizei dem nach.
Generell gilt laut der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS): «Die Polizei ist verpflichtet, bei Hinweisen oder Meldungen durch Drittpersonen entsprechende Kontrollen durchzuführen.» Die Polizei agiere dabei «immer umsichtig und mit Augenmass». Eine nationale Koordination sei nicht vorgesehen: Zuständig sind die Kantone.
Polizei muss über «handfeste Hinweise» verfügen
Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel, erklärt die Rechtslage: «Die Strafprozessordnung erlaubt der Polizei den Eintritt dann, wenn Gefahr im Verzug ist und zu vermuten ist, dass im Haus eine Straftat begangen wird.» Die Polizei müsse über handfeste Hinweise verfügen, dass sich mehr als zehn Personen in der Wohnung aufhalten.
Selbst wenn die Polizei tatsächlich an der Tür klingelt, dürfen die Polizisten nicht einfach alles machen. «Das Grundrecht auf Schutz der Wohnung verlangt zudem, dass der Zutritt verhältnismässig ist», erklärt Schefer. Die Polizei darf in einem solchen Fall nach den anwesenden Personen suchen. «Eine weiter reichende Schnüffel-Aktion wäre nicht zulässig», so Schefer.
Der grundrechtliche Schutz der Wohnung verlange von der Polizei erhebliche Zurückhaltung. Staatsrechtsprofessor Schefer: «Ich gehe davon aus, dass nur in wenigen krassen Fällen Kontrollen gegen den Willen der Bewohner stattfinden werden.»
Nur Veranstalter wird bestraft
Falls die Polizei eine Gruppe mit über zehn Personen erwischt, hat das strafrechtliche Konsequenzen. Allerdings nur für die Person, die die Veranstaltung organisiert hat. «Die blosse Teilnahme wird von der Verordnung nicht unter Strafe gestellt», sagt Markus Schefer.
Bussen verteilt die Polizei bei einer solchen Kontrolle keine. Sie erstattet hingegen einen Rapport zuhanden der Staatsanwaltschaft.