Studie: Biodiversitätsschädigende Subventionen in Milliardenhöhe
In der Schweiz werden Subventionen in Milliardenhöhe ausgezahlt, welche die Biodiversität schädigen. Forscher empfehlen eine Abschaffung gewisser Subventionen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz fliessen biodiversitätsschädigendes Subventionsgelder in Milliardenhöhe.
- Am stärksten ist der Verkehr betroffen.
- Die Hälfte der Subventionen sollen laut den Forschenden abgeschafft werden.
Biodiversitätsschädigendes Verhalten in Milliardenhöhe wird vom Bund, den Kantonen und den Gemeinden subventioniert. Schweizer Forschende haben insgesamt 162 Subventionen identifiziert, die die Artenvielfalt beeinträchtigen.
Zerschnittene, verschmutzte und zerstörte Lebensräume: Die Hälfte aller Lebensraumtypen und ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten sind hierzulande gefährdet.
Gleichzeitig beziffern sich die biodiversitätsschädigenden Subventionen auf mindestens 40 Milliarden Franken pro Jahr. Das berechneten Forschende in einer Studie, die sie am Montag den Medien präsentierten. Es sind Forschende des Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Sowie des Forums für Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT).
Subventionen betreffen vor allem den Verkehr
Unter den Subventionen, die die Artenvielfalt bedrohen, fassten die Studienautoren folgende zusammen: Die, die durch Verbilligungen den natürlichen Ressourcenverbrauch erhöhen und Lebensräume sowie die darin lebende Artenvielfaltbeeinträchtigten.
Die Subventionen betreffen vor allem den Verkehr, die Landwirtschaft, die Energieproduktion und die Siedlungsentwicklung. Sie umfassen neben direkten Zahlungen auch Mindereinnahmen etwa durch Steuerreduktionen sowie externe Kosten wie Umweltschäden.
Die ermittelte Subventionssumme gelte als Untergrenze. Dies sagte die Erstautorin Lena Gubler von der WSL im Gespräch mit der SDA. Denn ein Drittel der identifizierten Subventionen könne nicht quantifiziert werden.
Umweltförderlich aber biodiversitätsschädigend
Indes birgt ein Drittel sogenannte innerökologische Konflikte: «Eine Subvention mit einem umweltförderlichen Ziel kann biodiversitätsschädigende Nebeneffekte haben», erklärte Gubler. Als Beispiel nannte sie die Kleinwasserkraft, die die Gewässerbiodiversität beeinträchtigt.
Eine weitere laut den Forschern problematische Subvention betrifft den Pendlerabzug. Zudem sind Treibstoffe von der CO2-Abgabe und internationale Flüge zusätzlich von der Mehrwertsteuer befreit. Ein Beispiel in der Landwirtschaft gilt dem Basisbeitrag: Dessen Höhe ist für extensiv bewirtschaftete Flächen gemäss den Autoren nur halb so hoch wie für intensiv bewirtschaftete Flächen.
Energieintensive Unternehmen wie etwa die Zement- und Stahlindustrie erhalten Vergünstigungen bei der CO2-Abgabe, kostenlose Emissionszertifikate und sind vom Netzzuschlag befreit. Andere Subventionen fördern Wohneigentum.
«Die Studie liefert nun eine Arbeitsgrundlage»
Die identifizierten Subventionen seien auch ökonomisch ineffizient, sagte Gubler. Verursachen sie zunächst Schäden, so brauche es für deren Behebung oft weitere öffentliche Mittel. Ebenso wie vielerorts für die Biodiversitätsförderung.
Und gemäss dem Bundesamt für Umwelt nehmen die Kosten zu: In dreissig Jahren dürften die Verluste der Ökosystemleistungen rund vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen.
Die Autoren empfehlen die Hälfte der Subventionen abzuschaffen – damit sprechen sie vor allem die Steuererleichterungen und Vergünstigen an. Die andere Hälfte solle nur fliessen, wenn die Artenvielfalt nachweisbar nicht beeinträchtigt werde. Dazu hat sich die Schweiz bis 2020 mit der Biodiversitätskonvention verpflichtet. «Ein Abbauplan fehlt jedoch bisher, die Studie liefert nun eine Arbeitsgrundlage», sagte Gubler.