Tierschutz findet Gewehr-Attrappe im Berner Tierpark fragwürdig
Besucher des Tierparks Bern können mit einer Gewehr-Attrappe auf Steinböcke zielen. Spielerisch Tiere abknallen – der Tierschutz findets «zumindest fragwürdig».
Das Wichtigste in Kürze
- Im Tierpark Bern können Besucher mit einer Gewehr-Attrappe auf Steinböcke zielen.
- Das Gewehr sei Teil des neu errichteten Wildererpfads, begründet der Tierpark.
- Der Schweizer Tierschutz findet die Attrappe «zumindest fragwürdig».
Wegen der Pandemie wurde die AareAlpen-Anlage im Berner Tierpark Dählhölzli im Mai 2020 ohne grosses Tamtam eröffnet. Sie ist Heimat mehrerer Steinböcke und besteht auch aus einem Wildererpfad.
Auf diesem befindet sich an einer Stelle, neben Steinbock-Apotheke und Falle, auch eine Gewehr-Attrappe. Mit dieser können Besucher auf die Tiere im Gehege zielen. «Die Attrappe ist Bestandteil der ganzen Geschichte zum Steinbock in der Schweiz, die auf dem Wildererpfad erlebt werden kann», schreibt der Tierpark.
Es sei leider Tatsache, dass die «Könige der Alpen» zeitweise allesamt geschossen und ausgerottet wurden. Erst die Wiederansiedlung habe sie wieder erfolgreich in unser Land zurückgebracht.
Tierschutz findet's «zumindest fragwürdig»
Dennoch: Gewisse Besucher scheinen sich ob des Gewehres zu enervieren.
Der Schweizer Tierschutz (STS) nimmt auf Anfrage von Nau.ch zur Gewehr-Attrappe Stellung. «Im besten Fall wird den Anwendern durch die Handhabung der ‹Waffe› und das imaginäre Abschiessen der Alpensteinböcke bewusst, dass auf diese Weise Tierarten ausgerottet wurden und werden. Im schlechtesten Fall aber fördert das ‹spielerische Abknallen› den Jagdinstinkt und das Abschiessen wird zum banalen Vergnügen.»
Der STS sieht mit der Attrappe durchaus die Gefahr einer Überforderung des Klientels. «Mit Gewehren auf Tiere zu zielen, fördert keinen sorgsamen Umgang mit diesen.» Eine entsprechende Installation sei deshalb «zumindest fragwürdig».
Tierpark will ganze Geschichte zeigen
Der Tierpark ist sich der Kontroverse um das Gewehr bewusst. «Wir haben lange diskutiert, ob eine Gewehr-Attrappe vertretbar ist», schreibt Kommunikationsleiterin Doris Slezak. «Aber es ist wichtig und Teil unseres Bildungsauftrags, dass die traurige Geschichte der Ausrottung und die schöne Geschichte der Wiederansiedlung richtig und mit allen wichtigen Details erzählt, wie auch optisch dargestellt und damit erlebbar wird.»
Der Tierpark appelliert auch indirekt an die erwachsene Kundschaft. «Die Attrappe ist eine Chance, den Kindern, nach dem spielerischen ‹Abknallen› der Steinböcke, den enormen Einfluss, welchen wir Menschen auf die Natur in ihrer Schönheit und Gefährdung haben, bewusst zu machen.»