Trotz Ärztemangel denken viele junge Medizinstudierende über einen Abbruch nach den ersten Praxiserfahrungen nach. Das zeigt eine neue Umfrage.
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Zahlreiche Medizinstudenten in der Schweiz überlegen sich nach ihren ersten Praxiserfahrungen einen Berufswechsel. - Getty

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Medizinstudenten überlegen sich nach ihren ersten Praxiserfahrungen einen Abbruch.
  • 34 Prozent tendierten demnach gemäss einer neuen Umfrage zu einem Abbruch.
  • Der Grund sind die erlebten Arbeitsbedingungen - etwa eine 56-Stunden-Woche.
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In der Schweiz herrscht Ärztemangel. Umso bedenklicher sind die Resultate einer neuen Umfrage, die unter jungen Medizinstudierenden durchgeführt wurde: Ein Drittel von ihnen erwägt demnach nach den ersten Praxiserfahrungen einen Berufswechsel.

Die Vereinigung der Medizinstudierenden (Swimsa), die die Umfrage unter 2300 Medizinstudenten durchführte, spricht von einem «besorgniserregenden Trend».

Mit ersten Praxiserfahrungen sind die sechs bis neun Monate gemeint, die die Medizinstudierenden als Unterassistentinnen und – assistenten arbeiten. 34 Prozent der Studierenden denken offenbar nach dieser Zeit im Spital ernsthaft darüber nach, ihren Berufswunsch aufzugeben.

Vertraglich 50 Stunden, in Realität 56 Stunden arbeiten

Die Umfrage hat auch die Ursache für diese Entwicklung ermittelt: Es geht offenbar um die erlebten Arbeitsbedingungen. In einem Beitrag von «10vor10» sagt Valeria Scheiwiller, Präsidentin von Swimsa, dass Arzt oder Ärztin zu sein, grundsätzlich herausfordernd sei.

Gepaart mit hoher Arbeitslast und grossem Arbeitspensum sei es noch herausfordernder und für viele Studierende nicht mehr machbar. Beim Arbeitspensum sind demnach vertraglich 50 Stunden festgehalten, in Realität seien es aber 56 Stunden.

Würden Sie 56 Stunden pro Woche arbeiten wollen?

Und wie kann der «besorgniserregende» Trend umgekehrt werden? Swimsa fordert in einem Positionspapier unter anderem eine Reduktion der Wochenarbeitszeit für Assistenzärztinnen und -ärzte. Weiter soll die Möglichkeit für Teilzeitarbeit bestehen und eine Reduktion von nicht-medizinischen Aufgaben erfolgen.

Die Vereinigung fordert ebenfalls Anstrengungen zur Digitalisierung und Harmonisierung des Gesundheitssystems, um dieses effizienter zu machen.

Auch ausgebildete Ärzte überlegen sich Wechsel

Nicht nur Studierende kommen mit diesen Arbeitsbedingungen nicht klar. Laut Yvonne Gilli überlegen sich rund 20 Prozent der in der Schweiz ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte ebenfalls einen Wechsel. Gilli ist Präsidentin des Berufsverbandes der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) und selbst Ärztin.

Dabei bräuchte die Schweiz eigentlich mehr ärztliches Personal. Neben Pflegefachkräften und Apothekerinnen sind sie laut dem neuesten Fachkräftemangel-Index von Adecco am dringendsten gesucht. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Mangel gar zugespitzt.

Yvonne Gilli FMH
Yvonne Gilli, Präsidentin der FMH – der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte – posiert für ein Portrait am 8. April 2021 am Hauptsitz der FMH in Bern. - keystone

Es ist ein Problem, das der Bund schon vor sieben Jahren erkannt und deshalb ein Sonderprogramm ins Leben gerufen hatte. Das Ziel: Die Anzahl Abschlüsse von damals rund 850 sollten auf mindestens 1300 pro Jahr bis 2025 erhöht werden. Ein Schlussbericht der «swissuniversities» von Anfang 2022 hält fest, dass dieses Ziel «voraussichtlich erreicht werden wird».

FMH-Präsidentin: Braucht viel mehr als 1300 Abschlüsse jährlich

FMH-Präsidentin Gilli schlägt trotzdem Alarm und nennt die Ausbildungsoffensive des Bundes «einen Tropfen auf den heissen Stein». Die Berechnungen basierten auf Daten von 2011, die falsch seien. Um die Nachfrage hierzulande zu decken, seien jährlich 1300 Abschlüsse «viel zu wenig».

Gilli fordert, die Anzahl Ausbildungsplätze «deutlich» zu erhöhen und sagt, es gebe bereits Anstrengungen dazu. Damit die Universitären die nötigen Ausbildungsplätze schaffen können, brauche es aber auch finanzielle Unterstützung vom Bund.

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Die Arbeitsbedingungen für Assistenzärztinnen und -ärzte sind laut den Medizinstudenten nicht genügend. - Getty

Kommt hinzu: Studienplatz-Erhöhungen allein gewährleisten nicht die Spezialisierung in Fachgebieten mit starkem Bedarf wie etwa der Psychiatrie, wo viele Fachkräfte fehlen.

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