Viele Mieter fechten Mieterhöhung zu Unrecht an
Der Mietzinsrechner des Mieterverbands ist fehleranfällig. Es könnte deshalb sein, dass viele Schweizer die Mieterhöhung zu Unrecht anfechten.
Das Wichtigste in Kürze
- Weil der Referenzzinssatz erhöht wurde, haben viele Schweizer eine Mieterhöhung erhalten.
- Im Internet gibt es verschiedene Tools, um einen Vergleich vorzunehmen.
- Ausgerechnet der Mietzinsrechner vom Mieterverband ist offenbar aber fehleranfällig.
Bei den ersten Mieterinnen und Mietern in der Schweiz sind dieser Tage die Mietzinserhöhungen ins Haus geflattert. Weil erstmals seit 15 Jahren hierzulande der Referenzzinssatz gestiegen ist, drohen Verteuerungen von rund drei Prozent. Oftmals wird daraus sogar noch mehr, wie etwa das Beispiel einer Nau.ch-Leserin kürzlich zeigte.
Doch wie weiss man eigentlich, ob die erhaltene Mietpreiserhöhung korrekt ist? Zur Berechnung gibt es verschiedene Tools. Zum Beispiel der Mietzinsrechner auf der Homepage des Mieterinnen- und Mieterverbandes (MV). Dieser gilt laut der «Handelszeitung» als der einfachste, sei aber auch der fehleranfälligste. Der Grund: Er erfasst nicht alle Elemente – im Gegensatz etwa zum Rechner des Hauseigentümerverbandes (HEV).
Ein Beispiel: Gibt man beim MV-Rechner etwa an, dass die letzte Mietzinsanpassung am 3. September 2013 erfolgt ist, bei einer gängigen Kostensteigerung von 0,5 Prozent Kostenpauschale, dann spuckt die Maschine einen Minuswert aus. Die Miete sei zu senken, heisst es im MV-Tool. Eine Monatsmiete von 1000 Franken, käme demnach auf 987 Franken runter. Es heisst dabei: Die Mieterschaft soll eine allfällige Mietzinserhöhung anfechten. Der Brief dafür ist vorgedruckt.
Laut dem Bericht hat die Vermieterschaft aber tatsächlich das Recht, die Miete auf 1014 Franken zu erhöhen. Der Mieterinnen -und Mieterverband räumt diesen Fehler ein und sagt, das Resultat des Rechners sei bei diesem «Spezialfall möglicherweise tatsächlich falsch». Man müsse das intern abklären, heisst es.
Wie viele Mietverträge von diesem «Spezialfall» betroffen sind, ist demnach nicht herauszufinden. Laut der «Handelszeitung» fehlt dazu eine Statistik. Es dürften schätzungsweise aber mehrere hundert Haushalte in der Schweiz sein, die jetzt möglicherweise irrtümlich eine Senkung vor Mietschlichtungsstellen beantragen und dann später, vor Schiedsgericht, plötzlich mit einer Erhöhung konfrontiert sind.
Bei wertvermehrenden Investitionen gibt's keinen verlässlichen Wert
Die «Handelszeitung» führt weitere zwei Fälle aus, bei denen fehlerhafte Resultate auf der MV-Internetseite entstehen können. Dabei geht es einerseits um eine Kostenpauschale (frei einstellbar) bei einem zweiten Mietrechner und andererseits um Wert vermehrende Investitionen einer Mietwohnung, für die der Vermieter nie eine Erhöhung verlangt hat. Ein Eingabefeld sucht man bei letzterem Fall vergeblich.
Der Berner HEV-Sekretär Hans Bättig erklärt, warum dies ein Problem sein kann. Nicht selten hätten Vermieter in der Vergangenheit kleine, Wert vermehrende Investitionen getätigt, aber den Mietzins nicht erhöht. «Wenn die Mieterschaft eine Erhöhung des Mietzinses anficht, könnte die Vermieterschaft diese kleinen Investitionen geltend machen, da sie es in der Vergangenheit nicht berücksichtigt hatte.»
Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz macht denn auch einen Vorbehalt in den vielen Fussnoten des Mietrechners zu diesem Thema. Dort heisst es, dass bei wertvermehrenden Investitionen der Mietrechner keinen verlässlichen Wert wiedergebe.