Vogelgrippe: Melk-Maschinen sind Virenschleuder – «kontaminiert»
Eine neue US-Studie zeigt, dass das Vogelgrippe-Virus auf Melkmaschinen infektiös bleibt. Experten empfehlen mehr Desinfektionen. In der Schweiz wartet man ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Vogelgrippe breitet sich in den USA aus. Es gab vier Übertragungen auf Menschen.
- Nun ist klar: Das Vogelgrippe-Virus H5N1 bleibt stundenlang auf Melkmaschinen infektiös.
- Experten fordern die Desinfektion von Melkanlagen zur Vermeidung von Ausbrüchen.
- In der Schweiz wären Bauern bereit, zur Desinfektion aufzurüsten.
Eine neue US-Studie zeigt eine alarmierende Entwicklung beim Vogelgrippe-Virus H5N1: Der Erreger kann stundenlang auf Melkmaschinen infektiös bleiben. Dies bedeutet nicht nur eine Bedrohung für Kühe, sondern auch für Bauern und Mitarbeitende in Molkereien.
Denn: In den USA breitet sich das Vogelgrippe-Virus immer weiter aus. Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass bereits vier Übertragungen auf Menschen festgestellt wurden. Und: Drei dieser Fälle traten in Molkereibetrieben auf.
Die Studie kommt nun zum Schluss, dass das Virus lange Zeit auf den Oberflächen von Melkanlagen aktiv bleibt. «Unsere Daten belegen, dass die Oberflächen von Melkanlagen lange Zeit kontaminiert bleiben können», heisst es.
Gefahr durch Materialien der Melkanlagen
Laut den Untersuchungen überlebt H5N1 mindestens eine Stunde auf Edelstahloberflächen und bis zu drei Stunden auf Gummi. Diese Materialien werden zum Beispiel bei Schläuchen von Melkbechern verwendet.
Daher fordern die Fachpersonen dringend Massnahmen zum Schutz vor dem Virus: Zitzengummis sollten nach jedem Einsatz gründlich desinfiziert werden, um eine Verbreitung unter Kühen zu verhindern.
Sollten die Sicherheitsvorkehrungen auch in der Schweiz erhöht werden? Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sagt gegenüber Nau.ch: «In der Schweiz sind derzeit keine Fälle von Vogelgrippe bekannt, weder bei Vögeln noch bei Kühen», so Sprecherin Sarah Camenisch.
Keine Vogelgrippe in der Schweiz
«Deshalb sind beim Melken keine weitergehenden Massnahmen angezeigt als die, die aus Hygienegründen ohnehin bereits praktiziert werden.» So sei es etwa Pflicht, die Oberflächen nach der Benutzung zu reinigen und allenfalls zu desinfizieren, so Camenisch.
Auch Sandra Helfenstein, Sprecherin des Schweizer Bauernverbands, verweist darauf, dass es in der Schweiz aktuell keine Vogelgrippe gebe. Und damit auch keine infizierten Kühe.
Angesprochen auf die US-Studie sagt sie: Wenn es belegt sei, dass eine Übertragung über die Melkmaschine erfolge, sei das Desinfizieren «sicher eine sinnvolle Massnahme».
Schweizer Milchbauern gerüstet
Die Schweizer Milchbauern wären dafür gerüstet. «Bei rund 85 Prozent der Schweizer Milchbetriebe wäre eine solche Massnahme – falls nötig – relativ problemlos umsetzbar», so Helfenstein.
In 30 Prozent der Schweizer Betriebe kommt fürs Melken ein Roboter zum Einsatz. «Beim Melkroboter ist eine Desinfektionsfunktion bei rund der Hälfte vorhanden und wird standardmässig gemacht.»
Die andere Hälfte reinige mit heissem Wasser. «Für eine Desinfektionsmöglichkeit müssten diese ihre Maschine aufrüsten und entsprechend investieren.»
Mögliche Pandemie durch Vogelgrippe befürchtet
«In den Melkständen ohne Roboter wird das Milchgeschirr normalerweise nicht nach jeder Kuh desinfiziert. Aber bei einem Befall wäre es problemlos möglich, das zu machen», so die Bauernverbands-Sprecherin.
Christa Brügger, Sprecherin der Schweizer Milchproduzenten, ergänzt: «Die Schweizer Behörden haben uns keine zusätzlichen Massnahmen empfohlen oder verordnet. Wir beobachten die Situation selbstverständlich laufend.»
Und: «Wir gehen auch davon aus, dass die kleinen schweizerischen Strukturen in diesem Kontext eher ein Vorteil sind. Gegenüber amerikanischen Verhältnissen im Süden der USA.»
Die Situation bereitet jedoch auch europäischen Topvirologen zunehmend Sorgen. «So etwas hat es vorher noch nicht gegeben, solche extrem grossen Ausbrüche bei Kühen. Alle Fachleute sind besorgt», sagte Christian Drosten kürzlich in einem Interview.
Er forderte, das Virus der Vogelgrippe schnellstmöglich unter Kontrolle zu bringe. Sonst drohe eine Pandemie. Und er warnte: «Corona würde im Vergleich dazu wie ein Spaziergang anmuten.»