Waadtländer Arzt wegen Sterbehilfe zu Gefängnis bedingt verurteilt

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Vevey,

Ein Arzt wurde in Vevey VD zu zwei Jahren bedingt im Gefängnis verurteilt. Er hatte einer 86-jährigen Patientin im Juni 2015 ein tödliches Medikament gespritzt.

Richtlinien Sterbehilfe
Die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) mussten im Frühjahr nirgends angewendet werden. - sda - KEYSTONE/GAETAN BALLY

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Arzt wurde wegen aktiver Sterbehilfe zu zwei Jahren Gefängnis bedingt verurteilt.
  • Der Waadtländer hatte seiner 86-jährigen Patientin ein tödliches Medikament gespritzt.

Ein Waadtländer Arzt ist am Montag vom Bezirksgericht in Vevey wegen aktiver Sterbehilfe zu zwei Jahren Gefängnis bedingt verurteilt worden. Er hatte einer 86-jährigen Patientin im Juni 2015 ein tödliches Medikament gespritzt. Der 44-jährige Angeklagte war der Hausarzt der Familie.

Er war angeklagt, seiner schwer kranken Patientin zu Hause eine Injektion des Medikaments Curare verabreicht zu haben, die zum Tod führte. Die Patientin litt unter einer schweren Herz- und Lungenkrankheit und zeigte Anzeichen von Demenz.

Der Waadtländer Staatsanwalt Eric Cottier warf dem Arzt vor Gericht vor, die Standesregeln der Ärzte überschritten und das Gesetz verletzt zu haben. Er zeigte sich in seinem Plädoyer überzeugt davon, dass der Mediziner allein über das Schicksal der kranken Frau entschieden habe.

Angeklagter erleichtert über Urteil

Bei der Urteilsverkündung in Vevey zeigte sich der in Pully praktizierende Arzt erleichtert. Über hundert seiner Patienten und Verwandten hatten den Prozess mitverfolgt. Das Gericht setzte die bedingte Gefängnisstrafe für fünf Jahre zur Bewährung aus.

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In seiner Begründung hielt es fest, der Arzt sei überzeugt gewesen, seine Patientin stehe kurz vor dem Tod. Dabei habe er sich nur auf die Ansicht des Ehemanns der Betagten gestützt. Diese Meinung habe aber nicht mit jener anderer Ärzte übereingestimmt.

Der Angeklagte habe Curare in der Absicht mitgebracht, seine Patientin zu töten und nicht wie von ihm vorgebracht zur Pflege. Es bestünden aber erhebliche Zweifel, ob die Tat geplant war. Der Arzt habe zwar überheblich und voreingenommen gehandelt, aber doch in der Absicht das Leiden der Frau zu lindern.

Grenzen überschritten

Er habe aber die Grenzen der direkten und indirekten Sterbehilfe überschritten, sagte die Gerichtspräsidentin. Eine Einwilligung der Kranken habe nicht vorgelegen. Zugute hielt sie dem Arzt seine ehrenwerten Absichten und das nicht existente Rückfallrisiko. Möglich gewesen wäre ein Strafmass ab fünf Jahren wegen vorsätzlicher Tötung.

Die verstorbene Frau hatte 2012 eine Erklärung unterzeichnet, welche den Arzt und ihren Sohn als Vertrauenspersonen bestimmte. Ausserdem äusserte sie darin, dass sie lebensverlängernde Therapien um jeden Preis ablehne.

Sterbehilfe
Die Sterbehilfe soll in Portugal legalisiert werden. (Symbolbild) - DPA

Im April 2015 brach sich die damals 82-Jährige einen Wirbel. Sie wurde daraufhin im universitären Behandlungs- und Rehabilitationszentrum Sylvana des Universitätsspitals Lausanne CHUV in Epalinges VD hospitalisiert.

Ehemann der Verstorbenen als Zeuge

Der 90-jährige Ehemann der Verstorbenen erschien letzte Woche als Zeuge vor dem Bezirksgericht in Vevey. Gemäss der Anklageschrift befürchtete er, dass die Ärzte im Zentrum Sylvana seiner Frau lebensverlängernde Therapien verschrieben anstatt ihr Leiden mit Hilfe von palliativer Medizin zu lindern und zu verkürzen.

Am 15. Juni 2015 erhielt die kranke und bereits sehr erschöpfte Frau die Erlaubnis, das Spital für einige Stunden zu verlassen. «Ich dachte, sie würde diesen Tag zu Hause verbringen und wieder zurückkehren. Ich wusste, dass sie erfreut war, ihren Arzt zu sehen, da es eine grosse gegenseitige Wertschätzung gab», erklärte der Ehemann bei der Anhörung vor Gericht.

«Absolutes Vertrauen in den Hausarzt»

Nach dem Essen habe sich seine Frau in ihrem Zimmer schlafen gelegt. Als sie zwei Stunden später wieder erwacht sei, sei es ihr schlecht gegangen und habe nur noch mit grossen Schwierigkeiten sprechen und atmen können. «Es ist furchtbar, seine Frau so leiden zu sehen, ohne etwas machen zu können», fügte der Mann hinzu.

Der Hausarzt sei schliesslich mit seinem Arztkoffer gekommen. Zuerst habe er nicht gewusst, dass der Mediziner seiner Frau eine tödliche Spritze gegeben habe, erzählte der Mann weiter.

Er habe aber absolutes Vertrauen in den Hausarzt gehabt. Dieser habe seinen Entscheid nicht einfach so getroffen. Es habe keine Möglichkeit gegeben, das Leiden seiner Frau zu beenden oder sie zu heilen.

Gegenüber dem Spital Sylvana hatte der Arzt das Ableben der Frau als «natürlichen Tod» deklariert. Die Spitaldirektorin, welcher die Umstände des Todes verdächtig vorkamen, zeigte den Fall bei den Behörden an.

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