Warum sind Zecken in diesem Jahr so aggressiv?
Die Zahl der von Zecken verursachten Hirnhautentzündungen in der Schweiz ist in diesem Jahr auf Rekordkurs. Ein Experte erklärt die Gründe dafür.
Das Wichtigste in Kürze
- In diesem Jahr haben Zecken bisher rekordmässig viele Hirnhautentzündungen verursacht.
- Bis Ende Juli wurden in der Schweiz 332 Fälle der Frühsommer-Meningoenzephalitis gemeldet.
- Die Witterungsbedingungen waren bis vor kurzem ideal für die Zecken.
In der Schweiz ist die Zahl der von Zecken verursachten Hirnhautentzündungen in diesem Jahr auf Rekordkurs. Bis Ende Juli wurden 332 Fälle der sogenannten Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gemeldet. Das sind so viele wie noch nie seit dem Jahr 2000, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) berichtet.
Bis Ende Juli sei es hochgerechnet zu 19'800 Arztbesuchen wegen eines Zeckenbisses gekommen. Dabei seien 10'200 akute Fälle von Borreliose gemeldet worden.
Persönliche Ausdünstung als Faktor
Ob dies heisst, dass es in diesem Jahr mehr Zecken in der Schweiz gibt als sonst, lässt sich nicht sagen. «Weil keine Feldforschung betrieben wird», wie Werner Tischhauser, Entwickler der Präventions-App «Zecke» und Vorstandsmitglied der Liga für Zeckenkranke Schweiz (LiZ), auf Anfrage erklärt.
Die vermeldeten Fallzahlen würden nur abbilden, dass auflauernde Zecken Menschen für eine Blutmahlzeit erwischt haben und dass Menschen verschiedenste Aktivitäten im Lebensraum der Zecken ausgeübt haben. «Da die bei uns am häufigsten vorkommende Zeckenart, der Gemeine Holzbock, auf den Wirt (über 100 Wildtiere, Haustiere und leider auch Menschen) auflauert, muss sich der Mensch aktiv ins Zeckenrevier begeben, um einen Zeckenbiss einzufangen.»
Und je häufiger jemand das tue oder je länger die Aufenthaltszeit im Zeckenlebensraum und je attraktiver die persönliche Ausdünstung für die Zecken sei, desto grösser sei die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Aufeinandertreffen mit einer Zecke und zur möglichen Übertragung eines Krankheitserregers komme.
Wie im Rekordjahr 2018 für Zecken günstige Wetterbedingungen
«Sicher ist, dass klimatische Veränderungen der letzten Jahre für die Entwicklung der Zecken und wohl auch für einige durch Zecken übertragbare Krankheitserreger günstig sind», so Tischhauser. Am aktivsten sind Zecken demnach im Frühling bei Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad Celsius und wenn es ab und zu regnet. Bis vor Kurzem, als es die ersten Hitzetage gab, hätten die Zecken bevorzugte Witterungsbedingungen vorgefunden.
Zudem hätten, wie im bisherigen Zeckenrekordjahr 2018, der sehr milde Frühling und Frühsommer mehr Menschen dazu bewegt, draussen aktiv zu sein. Für ein Zeckenrekordjahr müssten mehrere Faktoren zusammenstimmen: «Ich persönlich bin der Meinung, dass das menschliche Verhalten den grösseren Einfluss hat», sagt Tischhauser. Durch den Corona-Lockdown könnte es zudem sein, dass sich die Menschen öfters in Zeckengebieten aufgehalten haben. Wissenschaftlich lässt sich das aber bisher nicht belegen.
Tipps zum Schutz
Vor Zeckenbissen schützt man sich am besten so: «Hose in die Socken stülpen, geschlossene Schuhe tragen und den Kopf mit einem Sonnenhut bedecken. Zeckenschutzsprays bieten einen ergänzenden, aber leider nicht totalen Schutz.» Wer auf Zecken eine extrem anziehende Wirkung habe, dem nütze der Spray nichts. Helle Kleidung helfe zudem noch, krabbelnde Zecken vor dem Zustechen zu entdecken.
Bei 50 Prozent der Zeckenbisse werde dieser gar nicht bemerkt. Tischhauser empfiehlt deshalb: «Während der Aktivität draussen und vor allem am Abend muss man sich von Kopf bis Fuss kontrollieren. Entdeckt man bereits beim Aufenthalt im Freien eine Zecke, muss diese sofort entfernt werden. Das ist wichtig, weil die bakteriellen Erreger der Borreliose mit einer Verzögerung übertragen werden.»
Vor einer FSME-Infektion schütze das rasche Entfernen der Zecke hingegen nicht, weil die Viren direkt beim Stich übertragen werden. Hierzu empfehlen Tischhauser und das BAG die gut verträgliche Schutzimpfung. Gegen die bakterielle Borreliose müssten hingegen Antibiotika eingesetzt werden.