Wegen Coronavirus in Kurzarbeit – langweilen sich die Leute «krank»?
Weniger pendeln, Kurzarbeit und Hobby-Verbote: Wegen des Coronavirus haben viele Menschen mehr Zeit. Kann sich Langeweile auf die Gesundheit auswirken?
Das Wichtigste in Kürze
- Viele Menschen in der Schweiz haben derzeit ungewohnt viel Zeit.
- Da im Lockdown auch viele Freizeitaktivitäten wegfallen, ist Langeweile programmiert.
- Eine Psychologin erklärt, was Antriebslosigkeit und Langeweile bedeuten können.
Dass das Coronavirus und seine Folgen auf die Psyche schlagen, ist längst bekannt. Einer Schweizer Studie aus vergangenem Dezember zufolge litt während der zweiten Welle jeder Fünfte an Depressionen.
Auch jetzt ist ein Ende der Krise in naher Zukunft nicht in Sicht: Während ab März einige Lockerungen folgen, bleiben Restaurantbesuche, Trainings im Fitnesscenter und viele Freizeitaktivitäten bis April wohl unmöglich.
Kurz: Die Menschen haben wegen des Coronavirus im Homeoffice, beim Distance Learning und in der Kurzarbeit viel Zeit und wenige Beschäftigungsmöglichkeiten. Da dürfte sich der eine oder andere in den eigenen vier Wänden allmählich langweilen. Und Langeweile nervt – doch kann sie auch krank machen?
«Nein», beruhigt Psychotherapeutin Jacqueline Frossard auf Anfrage von Nau.ch. Das Vorstandsmitglied der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP erklärt: «Langeweile ist nicht etwas, das krank macht – das ist einfach lästig. In dieser stressigen Zeit kann man sie auch als Luxus betrachten.»
Langeweile als Depressions-Symptom
Auch wenn Langeweile keine Ursache für psychische Probleme ist – ein Symptom dafür kann sie dennoch sein. Wer stark unter Antriebslosigkeit leidet, sollte sich laut Frossard also trotzdem Gedanken um seine Gesundheit machen. «Da sollte man schon genauer schauen, ob diese Langeweile nicht Ausdruck einer psychischen Krankheit, etwa einer Depression, sein könnte.»
Im Internet gebe es Selbsttests dazu. Frossard ergänzt: «Man kann aber auch einmalig eine Expertin oder einen Experten aufsuchen. So kann man herausfinden, ob der Langeweile tatsächlich ein psychisches Problem zugrunde liegt.»
Coronavirus und Lockdown: Negativspiralen wegen Langeweile
Krank macht Langeweile also nicht. Neben Lästigkeit kann sie aber auch für gesunde Menschen Belastung bringen: Psychotherapeutin Frossard berichtet darüber, dass man in der Langeweile oft Gedanken habe, die nicht konstruktiv seien.
«Das ist dann eine Art Negativspirale, die man aber unterbrechen kann. Wenn man das bemerkt, sollte man sich sagen: Halt, ich bin in einer Spirale. Ich gehe jetzt nach draussen und drehe eine Runde ums Haus, um mich auf andere Gedanken zu bringen.»
Was kann man sonst noch tun, wenn man wegen des Coronavirus stark unter Langeweile leidet? Frossard rät: «Zu einem Zeitpunkt, an dem man sich gut fühlt, sollte man planen. Zum Beispiel kann man sich eine Liste machen mit Dingen, die man in seiner Freizeit tun will. Ausserdem kann man sich überlegen, mit wem man sich treffen könnte.»
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Brauchen Sie Hilfe?
Sind Sie selbst depressiv oder haben Sie Selbstmordgedanken? Dann kontaktieren Sie bitte umgehend die Dargebotene Hand (www.143.ch).
Unter der kostenlosen Hotline 143 erhalten Sie anonym und rund um die Uhr Hilfe von Beratern, die Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.